Bundesrat Stenographisches Protokoll 704. Sitzung / Seite 196

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Argumente einfach nicht ganz so schlüssig, wie Sie glauben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Für mich als Tiroler Vertreterin ist das Thema Verkehr immer besonders brisant. In Tirol leidet die Bevölkerung bereits jetzt – und in Zukunft noch um vieles stärker! – unter dem Ergebnis von politischen Fehlentscheidungen im Verkehrssektor. Nicht ohne Grund haben jetzt sehr viele Menschen die Sorge, dass nach der Straße auch bei der Bahn Verschlechterungen kommen werden. (Präsident Ager übernimmt den Vorsitz.)

Eines stelle ich gleich klar: Natürlich gibt es bei der Bahn Verbesserungsbedarf. Das Wort „Reform“ möchte ich jetzt vermeiden, weil es seit einigen Jahren bei sehr vielen Menschen sehr negativ belegt ist, und das nicht ohne Grund. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Sehr viele Menschen, bei denen in den letzten Jahren reformiert worden sind, sind ziemlich nervös, wenn sie dieses Wort hören.

Reden wir also von Verbesserungsbedarf! Die ÖBB müssen auf jeden Fall trans­parenter werden – keine Frage. Wir wünschen uns auch eine bessere Wettbewerbs­situation, weil sonst eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene nicht wirklich funktionieren kann. Wir wollen mehr Qualität, und wir wollen eine Steigerung der Kundenfreundlichkeit und des Angebots für die Kundinnen und Kunden der ÖBB. – All das sind Ziele, die bei einer Bahnreform im Mittelpunkt stehen sollten. Aber bei dieser Reform ist das eben wieder nicht der Fall.

Ich komme jetzt zu einigen konkreten Kritikpunkten. Zum einen besteht, wie wir schon gehört haben, die Gefahr, dass Bundesländer und Fahrgäste auch in puncto öffent­licher Personennahverkehr unter Druck kommen. Oberösterreich und das Burgenland haben deshalb auch den Konsultationsmechanismus schon ausgelöst. (Staatssekretär Mag. Kukacka: Aber wirklich nicht!)

Es müsste an und für sich allen Parteien ein Anliegen sein, den öffentlichen Nahverkehr zu sichern, aber die Regierung war nicht bereit, in diesem Bereich auf Gesetzesebene auszuschließen, dass es Verteuerungen geben wird.

Weiters: Das Zerteilen der ÖBB führt keinesfalls zu mehr Transparenz – ich weiß nicht, wie Sie auf diese Idee kommen. Der eigentliche Hintergrund dafür dürfte, glaube ich, ein anderer sein.

Im Nationalrat hat der Herr Staatssekretär gemeint, diese Reform befreie die Bun­desbahn von den letzten Fesseln einer Staatsbahn. Diese Formulierung hat mich ein wenig überrascht. Ich kann dieses Feindbild nicht so ganz nachvollziehen, sehr ge­ehrte Damen und Herren.

In einem Staat wie Österreich mit einem solch hohen Lebensstandard ist, glaube ich, Mobilität ein Grundanspruch, den die Bevölkerung haben kann. Das heißt auch, dass der Staat dafür verantwortlich ist, ein funktionierendes Verkehrssystem zu garantieren. Jetzt ist mir schon klar, dass die ÖVP vielleicht nicht so gerne die vielen SPÖler bei den ÖBB sieht und dass sich auch die FPÖ nicht beschweren wird, weil bei vielen neuen Tochterbetrieben auch viele neue Jobs abfallen, aber ganz ehrlich: Solche Moti­vationen sind für den großen Teil der Kundinnen und Kunden nebensächlich, und das muss man auch verstehen. Es sollte doch, bitte, bei den ÖBB um die Kundinnen und Kunden gehen und nicht um Parteien! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Debakel in der Verkehrspolitik haben wir gerade erst präsentiert bekommen: Die Bahn ist nicht nur eine Frage der Wirtschaftspolitik, sondern auch ein fundamental wichtiger Teil der Verkehrspolitik. Solange der Staat Geld in die Straße investiert, ist es auch gerechtfertigt, Geld in die Schiene zu investieren. Die Bahn ist ein wichtiges Transportmittel und eine große Möglichkeit für uns, die Belastung durch den Güterverkehr zu senken. Ich habe jedoch die große


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