Bundesrat Stenographisches Protokoll 705. Sitzung / Seite 63

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das sollte es nicht geben – mit verantwortlich. Leider ist aber auch die Rede davon, dass es unentschlossene oder zögerliche Arbeitsweise des zuständigen Richters gibt oder fehlende Zielstrebigkeit in der Verfahrensführung durch den Richter. Davon ist explizit die Rede – auch in den Beantwortungen seitens der Justizverwaltungsorgane.

Lassen Sie mich Einzelnes aus dem Bericht herausgreifen: Im 26. Bericht der Volks­anwaltschaft für das Jahr 2002 wird etwa ein Umweltstrafverfahren angeführt, das erst nach sage und schreibe mehr als zwölf Jahren abgeschlossen werden konnte, und das nach mehrmaligem Einschreiten der Volksanwaltschaft!

Besonders skandalös erscheint mir aber die Behandlung einer von der Staatsanwalt­schaft Wien im Jahre 1994 eingebrachte Ehenichtigkeitsklage – ich betone: einer Ehenichtigkeitsklage!; Sie wissen, da geht es um den gültigen Bestand einer Ehe –, die bis zum Zeitpunkt der Erstattung des Berichtes 2002 nicht erledigt worden ist – ich hoffe, dass es inzwischen geschehen ist –, und das wegen gravierender Untätigkeit sowohl der antragstellenden Staatsanwaltschaft als auch des befassten Gerichtes, in diesem Fall konkret des Bezirksgerichts Hietzing. Die für die Dienstaufsicht zustän­digen Organe nahmen selbst diese untragbaren Verfahrensstillstände nicht etwa zum Anlass, geeignete Maßnahmen zu setzen. Auch da bedurfte es mehrmaligen Ein­schrei­tens des zuständigen Volksanwaltes.

Bewusst habe ich die wegen überlanger Verfahrensdauer festgestellten Missstände herausgegriffen, weil sie ja zugleich einen schweren Verstoß gegen das im Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf eine angemessene Verfahrensdauer bedeuten. Umsomehr ist es zu begrüßen – auch das ist heute zu Recht anerkennend hervorgehoben worden –, dass sich die Volksanwaltschaft aus eigenem Antrieb dazu entschlossen hat, seit dem 25. Bericht in ihren laufenden Jahresbericht einen so genannten Grundrechtsteil einzubauen, der offen legt, inwieweit die staatliche Vollziehung, aber auch die Gesetzgebung ihrer verfassungsrechtlichen Grundrechtsbindung entspricht oder nicht entspricht.

Gerade die im Bericht aufgezeigten und von mir kritisierten Verfahrensverzögerungen legen es dringend nahe, einer zentralen rechtspolitischen Forderung der Volksanwalts­chaft zu entsprechen. So fordert sie – meines Erachtens zu Recht –, ihr die Antrags­legitimation zur Einbringung eines Fristsetzungsantrages im Sinne des § 91 Gerichts­orga­nisationsgesetz einzuräumen. Eine solche Antragsbefugnis der Volksanwaltschaft als Amtspartei – natürlich auszuüben im Einvernehmen mit der betroffenen Verfahrens­partei – scheint mir nicht minder gerechtfertigt als etwa eine Verbandsklage im Interes­se des Konsumentenschutzes.

Wir stehen auch hinter zahllosen anderen Anliegen der Volksanwaltschaft. Abgesehen von der besseren Ausstattung mit sachlichen und personellen Ressourcen – das ist natürlich ganz vordringlich –, liegt es uns auch daran, die Volksanwaltschaft darin zu unterstützen, dass sie ein Normenkontrollverfahren einleiten und gegebenenfalls auch eine Amtsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes einbringen kann.

Ein ganz besonderes Anliegen ist uns natürlich auch die Ausdehnung der Prüfungs­kompetenz auf ausgegliederte Rechtsträger analog zur Prüfungstätigkeit des Rech­nungs­hofes. Ich habe Gelegenheit im Konvent – und ich werde sie wahrnehmen, auch wenn ihn Kollege Schennach nicht für sehr erfolgversprechend hält –, in den Arbeitskreisen, in denen ich tätig bin, entsprechend darauf hinzuwirken.

Die Steigerung der leider dem Bundesministerium für Justiz zuzuordnenden Beschwer­defälle und sonstigen Eingaben von über 60 Prozent bedeuten eine bemerkenswerte Steigerung des Aufwandes. Freilich umfassen diese auch Anrufungen der Volksanwalt­schaft, die Ersuchen um Rechtsauskünfte darstellen.

 


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