Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 98

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Zum Zweiten: Natürlich, Kollege Gudenus hat Recht, es ist die Zeit der Vorbereitung und der intensiven Verhandlungen hinsichtlich der EU-Erweiterung, der Osterweite­rung. – Nur, Kollege Gudenus: Zu viel gefürchtet, ist auch gestorben. Ich glaube, das Potential der EU-Erweiterung in den Norden, in den Süden und in den Osten ist das ganz große Projekt für diesen Kontinent. Es bringt die Stabilität dieses Kontinents, es bringt Kultur in Bewegung, es bringt soziale und wirtschaftliche Chancen. Die Probleme muss man sehen, aber die Vision von Heerscharen, die hier auf Österreich zukommen, hat schon in der Propaganda vor einigen Jahren nichts genützt. Ich glaube, das Ergrei­fen entsprechender Maßnahmen vor Ort, so wie wir sie heute auch beim Mittelmeer­abkommen letztlich mitbeschlossen haben, wird Sinn machen. (Vizepräsidentin Hasel­bach übernimmt den Vorsitz.)

Liebe Frau Außenministerin! Ich habe versucht und versucht und versucht, erstens etwas in dem Bericht zu finden, was – wie ich glaube – sehr viel diskutiert wurde, näm­lich die Diskussion rund um Genua. Es ist mir nicht gelungen, irgendetwas rund um die damaligen Ereignisse in Genua, um die VolxTheaterKarawane, in diesem Bericht zu finden.

Zweitens: Ich bin vielleicht ein barocker Mensch beziehungsweise ein Mensch, der manche Dinge, die ihm lieb geworden sind, nicht ablegen will. Aber ich habe beide Berichte wirklich durchstöbert. Und eines der Grundelemente der Außenpolitik Öster­reichs in den letzten 30, 40, 50 Jahren findet nicht mit einem Wort Erwähnung: Das Wort „Neutralität“ gibt es im Außenpolitischen Bericht 2001 und 2002 nicht.

Ich habe bereits gesagt, dass die beiden Vorworte beginnen mit einmal dem 11. Sep­tember und in der Folge Afghanistan und zum Zweiten mit dem Irak Konflikt. – Der Irak-Konflikt war natürlich nicht 2002, aber die Frau Außenministerin sagt, sie schreibe das Vorwort unter dem Eindruck des Irak-Krieges. Ich hätte mir hier vor allem im Lichte auch ihrer jüngsten Stellungnahme zur Neutralität gewünscht, dass eines der unbestrit­tenen und wichtigen Elemente österreichischer Außenpolitik, nämlich die ... (Bundesrat Dr. Kühnel: So unbestritten ist es nicht!) – Historisch gesehen unbestritten, Herr Kol­lege Kühnel!

Ich bin ja nicht beklopft, Herr Kollege Kühnel! Ich weiß, dass wir in der Neutralität ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Ideologisch ...!) Ich bin nicht beklopft und auch nicht ideolo­gisch verkastelt; das frage ich mich manchmal bei Ihnen, Herr Kollege Kühnel. (Beifall bei den Grünen.)

Natürlich werden wir in der Neutralität etwas neu zu definieren haben, nämlich weil wir Mitglied der Europäischen Gemeinschaft sind und gegenüber unseren Mitgliedsländern Inland und nicht mehr Ausland sind, daher kann die Neutralität nicht mehr in dieser Form ausgelegt werden. Aber die Neutralitätspolitik insgesamt als eines der wichtigs­ten und besten Instrumente der österreichischen Außenpolitik in Frage zu stellen, Herr Kühnel, halte ich für vermessen und vor allem für völlig falsch. Für völlig falsch!

Deshalb, Frau Außenministerin: Ich vermisse dies bitter!

Ich möchte Sie auch noch auf ein paar Ungereimtheiten hinweisen. Sie schreiben in Ihrem Bericht:

„Unser ganzes Bemühen galt und gilt auch weiterhin der Stärkung der Rolle der Ver­einten Nationen ...“

Wie wir wissen, liegt, wenn wir über Budgets diskutieren, die Wahrheit der Politik in den Zahlen. Und wenn wir jetzt schauen, was die UN-Organisationen bekamen, näm­lich 20,22 Millionen €, und sehen, dass die Weltbank und ihre Entwicklungsbanken gleichzeitig 36,56 Millionen € bekamen, so müssen wir sagen, es hat sich zwar im


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