Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 114

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

und der Bevölkerung und vor allem der Jugend wieder Vertrauen in das System gibt, wurden von Seiten der Regierung in den Wind geschlagen.

Das Argument der Regierung lautete, es könne nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verhandelt werden und man habe keine Zeit zum Warten, diese Reform müsse als so genannter erster Schritt sofort durchgeführt werden, und in einem zweiten Schritt werde man dann bis Ende des Jahres 2003 die Harmonisierung der Systeme herbei­führen.

Ich betone – und ich bitte Sie, sich das Datum zu merken –, dass die Regierung ver­sprach, dass das bis Ende des Jahres 2003 der Fall sein werde.

Rund um die Beschlussfassung dieser Pensionsreform beziehungsweise Pensions­sicherungsreform, wie sie die Regierung nennt, garantierten der Herr Bundeskanzler und der Herr Minister, damals noch Vizekanzler, in Hochglanzfoldern der Bevölkerung, dass die maximalen Verluste auf 10 Prozent begrenzt sein werden. Es wurde gesagt, dass in den ersten Jahren die Frauen zirka 3 Prozent und die Männer zirka 5 Prozent Verluste haben werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wahrheit – das wissen wir heute alle – sieht anders aus. Wie ich bereits am Beginn meiner Ausführungen gesagt habe, haben ArbeitnehmerInnen, die seit ihrem 15. Lebensjahr gearbeitet haben und heuer in Pen­sion gehen, bereits einen Verlust von 10 Prozent. Dieser Verlust wird sich im Jahr 2005 auf voraussichtlich 11,1 Prozent erhöhen, weil natürlich für Neupensionisten die Pen­sionsanpassung im nächsten Jahr ausgesetzt wird. Sie finden in der Unterlage einige Beispiele, ich zitiere nur eines davon:

„Peter Dworak, Großhandelsverkäufer für Fleisch und Wurst, wird heuer am 3. April 60 Jahre alt. Er hat mehr als 45 Beitragsjahre zur Pension. Sein Arbeitsleben war nie unterbrochen durch Arbeitslosigkeit oder längere Krankenstände. Dadurch kann er am 1. Mai bereits mit 60 Jahren in Pension gehen.“

Trotzdem verliert dieser Mann, der 45 Jahre im Berufsleben gestanden ist, 194 € brutto im Monat. – Es gibt da noch viele, viele andere Beispiele. (Bundesrat Dr. Kühnel: Er könnte ja auch länger arbeiten! – Bundesrat Konecny: Unerhört! – Lebhafte Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege, sagen Sie das nicht hier in diesem Raum, sondern den Menschen drau­ßen! (Beifall bei der SPÖ.) Sagen Sie das einem Mann, der 45 Jahre lang gearbeitet hat! (Bravorufe und Beifall bei der SPÖ.)

Lieber Herr Kollege, sagen Sie das nicht uns hier, denn wir brauchen uns jetzt nicht gegenseitig die Emotionen hochzuschaukeln, sondern sagen Sie das den Menschen draußen! Die Menschen haben ohnehin Ihren Zugang zur Sozialpolitik bereits erkannt, wie wir es bei den letzten Wahlen gesehen haben! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Dass das keine Einzelfälle sind, beweisen die Berechnungen der Arbeiterkammer: Bereits heuer wird das rund 7 000 Männer in genau derselben Dimension betreffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber nicht nur die Männer sind betroffen, sondern für viele Frauen bedeutet diese Pensionsreform den direkten Weg in die Armutsfalle. Auch wenn Frau Bundesministerin Rauch-Kallat und Frau Staatssekretärin Haubner die Maßnahme, dass zwei Jahre Kindererziehungszeiten als Beitragszeit gelten, die Erhöhung der Bemessungsgrundlage bei den Kindererziehungszeiten sowie die Reduktion der Ausdehnung des Bemessungszeitraumes um drei Jahre pro Kind als Meilensteine der Sozialpolitik verkaufen (Bundesrat Dr. Böhm: Das sind sie auch!), so ändert das nichts an den massiven Einschnitten!

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite