haft erschienen ist, während die Gutachten von Funk und Öhlinger ja sehr eingehend begründet sind. Das würde aber jetzt hier zu weit führen, ich denke, vor allem deshalb, weil ja der Grundsatz der Anklage durch die überkommene Anklagebehörde auch in der Verfassung verankert und der Anklageprozess auch durch die MRK vorgegeben ist. Es ist ja auch nicht so, dass der Staatsanwalt zu entscheiden hat. Letztlich nimmt er, sollte es überhaupt zur Anklage kommen, eine Parteistellung ein und hat keine Entscheidungsfunktion.
Diese vorliegende Neuregelung des strafprozessualen Vorverfahrens verbessert die rechtsstaatliche, aber auch soziale Position aller Verfahrensbeteiligten. Sie werden verstehen, meine Damen und Herren, dass ich aus der Sicht freiheitlicher Rechtspolitik primär die damit verbundene Verbesserung der rechtlichen Möglichkeiten der Opfer von Straftaten hervorhebe; geht es uns doch gesellschaftspolitisch immer um den Vorrang des Opferschutzes vor dem Täterschutz!
Und gerade den Bedürfnissen der Opfer wird – das ist ja heute schon mehrfach erwähnt worden – die Strafprozessreform im besonderen Maße gerecht. So wird einmal die Durchsetzung ihrer aus der Straftat resultierenden zivilrechtlichen Ansprüche erheblich verbessert. Darüber hinaus wird bereits im Strafverfahren als solchem die prekäre Lage und psychische Befindlichkeit von Verbrechensopfern voll berücksichtigt; auch das ist ja schon sehr klar ausgeführt worden. Zu den ihnen erstmals eingeräumten Rechten zählen die unentgeltliche Beistellung eines Anwalts, umfassende Informationspflichten der Behörden und – im Verfahren – die Befugnisse zu Beweisanträgen und zur Teilnahme an Verhandlungen, Befundaufnahmen und Rekonstruktionen der Straftat am Tatort. Ferner wird die gebotene psychosoziale Hilfestellung und juristische Prozessbegleitung der Opfer, insbesondere von Sexual- und Gewaltdelikten, absolut gewährleistet.
Ein weiteres Reformziel war die höhere Effizienz und zugleich rechtsstaatlich bessere Absicherung des strafprozessualen Vorverfahrens und der in ihm stattfindenden Sachermittlung. All dem dient die klare Zuweisung der Beweiserhebung an die Kriminalpolizei unter der Leitung und der Aufsicht der Staatsanwaltschaft. Wer dabei der ehemaligen Zuständigkeit des Untersuchungsrichters nachtrauern wollte, der verkennt, dass der Untersuchungsrichter schon bisher in der Praxis in aller Regel keine echte Ermittlungstätigkeit mehr entfaltet hat.
Das entspricht auch den Erfahrungswerten der innereuropäischen Rechtsvergleichung in den vergleichbaren Ländern. Anders als bisher werden sich aber künftig die polizeilichen Ermittlungen nicht mehr wie heute in einer rechtlichen Grauzone bewegen, und zudem, wie gesagt, vom Staatsanwalt als einem professionellen Justizorgan geleitet, koordiniert und kontrolliert werden.
Zugleich wird das Legalitätsprinzip gegenüber der – freilich in der Praxis ohnehin seit langem nicht mehr gehandhabten – Befugnis des Bundesministers für Justiz, eine Weisung auch in Richtung Einstellung zu erteilen, dadurch verstärkt, dass der subsidiäre Antrag auf Anklageerhebung eingeführt wird. Dieser steht künftig sowohl dem Opfer als auch anderen Personen zu, die ein rechtliches Interesse an der Strafverfolgung haben. Damit ist ein ausreichendes Korrektiv gegenüber einer allfälligen ungerechtfertigten Einstellung des Strafverfahrens geschaffen, mag sie auf einer Weisung gar des Justizministers beruhen, was, wie gesagt, in der Realität seit Jahren nicht mehr vorgekommen ist, oder unabhängig davon sein.
Damit sollte auch der Streit um das Weisungsrecht des Justizministers beendet oder zumindest entschärft sein, denn in Fällen einer Weisung in Richtung Anklageerhebung – auch das kommt in der Praxis nicht vor – würde ja ohnehin immer der unabhängige Richter über Schuld oder Unschuld des Angeklagten erkennen.
Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite