Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 160

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19.19

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte mich zunächst bei Frau Bundesrätin Diesner-Wais – die leider nicht mehr hier ist – für die Würdigung der gro­ßen Züge dieses Gesetzes und der grundsätzlichen neuen Entwicklungen bedanken. Es freut mich immer, wenn auch jemand, der keinen juristischen Beruf ausübt, das würdigt, weil es ganz wichtig ist, dass Strafrecht und auch das Strafverfahrensrecht von der Bevölkerung automatisch akzeptiert, und es von ihr auch anerkannt wird, wenn ein so großes Gesetzeswerk – in diesem Fall nach zirka 30 Jahren! – heute endlich das Licht der Welt erblickt.

Ich bedanke mich ganz besonders bei Herrn Professor Böhm für seine profunden Aus­führungen, die gezeigt haben, dass auch die Rechtswissenschaft dieses Gesetz be­grüßt und anerkennt, und mein Dank gilt auch den Legisten unseres Hauses, allen voran Herrn Sektionschef Dr. Miklau, der heute hier ist, dem nicht hier anwesenden Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Pleischl, dem hier anwesenden Leitenden Staatsan­walt Herrn Mag. Pilnacek, der nicht anwesenden Frau Generalanwältin Mag. Fuchs und den beiden anwesenden jüngeren Mitarbeitern unseres Hauses, Frau Mag. Prior und Herrn Mag. Höbl. – Sie alle haben ein großes Werk zu Stande gebracht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich gehe natürlich auch auf die kritischen Worte ein, zunächst darauf, was nur Frau Dr. Hlavac gesagt hat und dann darauf, was nicht von Herrn Bundesrat Schennach mitgetragen wurde.

Was den Rechtsschutzbeauftragten anbelangt, so laden wir Sie ein, insbesondere die Sozialdemokraten, aber auch die Grünen, hier noch einmal in sich zu gehen. Es ist in der Folge eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes eine kleine, aber doch bestehende Wahrscheinlichkeit gegeben, dass es der Wunsch des Verfassungsge­richtshofes ist, dass dieser Rechtsschutzbeauftragte, den wir heute in der bisher bestehenden Form wieder beschließen wollen, mit Zweidrittelmehrheit, weil verfas­sungsrechtlich notwendig, beschlossen werden soll.

Ich erinnere Sie, insbesondere die Sozialdemokraten, an Folgendes: 1997 wurde dieser Rechtsschutzbeauftragte geschaffen, und ein ganz prominenter Sozialdemokrat, der Mitglied des Verfassungsgerichtshofes ist, Prof. Dr. Rudolf Machacek, war der erste Rechtsschutzbeauftragte, der in eindeutiger, klarer und sehr überzeugender Weise dieses Amt ausgeübt hat. Wir alle waren mit ihm zufrieden, wir alle haben seine Leistung anerkannt. Aus Altersgründen hat er darum gebeten, nun nur mehr Stellver­treter zu sein. Es wurde kein Wort darüber gesagt, warum Sie diese gesetzliche Rege­lung, die auch von Ihnen personell repräsentiert wurde, nicht wieder mit Zweidrittel­mehrheit beschließen wollen, zumal damals der Beschluss im Nationalrat, wenn auch nicht als Verfassungsbestimmung, mit den Stimmen aller im Parlament vertretenen Parteien zustande kam, soweit ich informiert bin. Jedenfalls waren Stimmen der SPÖ und die der ÖVP mit dabei.

Folgendes ist wirklich nicht ganz verständlich: Es gibt eine Erklärung, und die lässt einen schon erschauern, möchte ich sagen. Wenn es richtig sein sollte, dass diese Beschlussfassung deshalb von Ihnen nicht mitgetragen wird, damit Sie ein Gesetz, dessen Verfassungswidrigkeit Sie dadurch selbst herbeiführen, beim Verfassungs­gerichtshof mit größerer Erfolgsaussicht anfechten können, dann ist das wirklich eine bedenkliche Haltung, eine Haltung, die uns zum Nachdenken Anlass geben muss! (Bundesrätin Dr. Hlavac: Wir führen die Verfassungswidrigkeit nicht herbei, sondern Sie, weil Sie sind verantwortlich!)

 


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