Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 161

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Dann, Frau Dr. Hlavac, sagen Sie bitte, warum Sie ein Gesetz, dem Sie 1997 zuge­stimmt haben, das Sie nie kritisiert haben, das sich bewährt hat, das von Herrn Prof. Machacek vollzogen wurde und das heute textgleich vorliegt, nicht wieder be­schließen wollen. Dafür haben Sie – das muss ich Ihnen zurückgeben, nachdem Sie das kritisiert haben – wirklich keine Gründe angeführt.

Ich möchte noch hinzufügen: Wenn Sie mehr Opferschutz verlangen – Sie bekom­men ihn mit diesem Gesetz. Wenn Sie mehr Kriminalitätsbekämpfung verlangen – Sie bekommen sie mit diesem Gesetz. Und wenn Sie sagen, Sie verstünden die Erklärung nicht, dass clamorose Fälle vor allem durch die Medien mitbestimmt werden, dann muss ich Ihnen schon sagen: Es ist einfach so, dass das öffentliche Interesse an einem derartigen Fall wesentlich ist. Das, was von öffentlichem Interesse ist, steht in den Zeitungen oder ist im Hörfunk oder im Rundfunk zu verfolgen. Ein Element der Beurteilung, was clamoros ist, ist das öffentliche Interesse. Dieses kann man indirekt daran erkennen, wenn es in der Zeitung steht oder nicht. – Das ist das eine.

Das andere, das zweite Element – und beide Elemente müssen vorhanden sein, damit der Untersuchungsrichter angerufen werden muss – ist, dass es sich um einen wesent­lichen, um einen schwerwiegenden Fall handeln muss. Die Staatsanwaltschaft geht mit diesen Begriffen seit 1985 korrekt, widerspruchsfrei und unkritisiert um. Es ist also nicht einzusehen, warum diese Begriffe nicht weiterhin in der neuen Strafprozessord­nung Verwendung finden sollen.

Was die Dienstposten anbelangt, Frau Dr. Hlavac: Bitte nennen Sie mir Ihre Kritik! Wir haben unter wissenschaftlicher Begleitung in Zusammenarbeit mit den Staatsanwälten und den Richtern ermittelt, dass wir 55 Dienstposten mehr benötigen. Ich kenne keinen Fall, bei dem ein Gesetz nicht nur von Ministern und von anderen hinsichtlich des Per­sonalbedarfes eingeschätzt wurde, sondern bei dem unter wissenschaftlicher Beglei­tung das notwendige Mehr an Personal ermittelt wurde.

Ich kann mir nicht vorstellen, was Sie noch wollen. Aber ich sage Ihnen, ich werde mich wirklich bemühen, und zwar mit vollstem Einsatz, dass das notwendige Personal von der Republik Österreich selbstverständlich zur Verfügung gestellt wird. Das ist so eine Art Ersatzkritik geworden. Es glaubt niemand wirklich daran, aber man sagt es eben, weil man sonst keine Kritikpunkte mehr findet.

Sie haben auch von zu wenig Beschuldigtenrechten gesprochen, Frau Dr. Hlavac, und ich gehe damit auf das ein, was Herr Bundesrat Schennach gesagt hat. Natürlich gibt es mehr Beschuldigtenrechte, weil das auch der Judikatur der Höchstgerichte entspricht, und natürlich kann man darunter auch die frühere Zurverfügungstellung be­ziehungsweise das frühere Tätig-werden-Dürfen des Verteidigers verstehen.

Es ist aber auch so, und dazu müssen wir uns bekennen, dass es wirklich Sinn macht, einen Verteidiger nicht schrankenlos tätig werden zu lassen. Dazu bekenne ich mich als einer, der 27 Jahre lang Verteidiger war.

Ich nenne Ihnen ein Beispiel, Frau Dr. Hlavac: Wenn Sie einen Firmenanwalt haben, der die Firma vertritt, die Geschäftsführer vertritt – durchaus üblich –, die Prokuristen, die mittleren Angestellten und die leitenden Angestellten oder viele von ihnen, und wenn plötzlich einer dieser Geschäftsführer verhaftet wird, und Sie lassen dann den Verteidiger dort schrankenlos zu, obwohl auch gegen die anderen Geschäftsführer dieses Unternehmens zum Beispiel, was durchaus Sinn macht und häufig vorkommt, ermittelt wird, dann bringen Sie diesen Verteidiger in eine ausweglose Position. Er muss nämlich im Rahmen seiner Berufspflichten – ich korrigiere: er müsste – an die noch flüchtigen, von Polizei und Staatsanwalt und Gericht gesuchten Mit-Geschäfts­führer diese Informationen weitergeben. Er müsste im Rahmen seiner Berufspflichten sozusagen an Verdunkelungshandlungen teilnehmen.

 


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