Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 162

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Das ist ein Fall, der aus dem Leben gegriffen ist, und das müssen Sie akzeptieren: dass wir in einem Grenzbereich der Polizei und dem Staatsanwalt und dem Gericht die Möglichkeit geben müssen, zu entscheiden: Nein, hier wird es einfach zu gefährlich, hier geht es an den Kernbereich der Wahrheitsermittlung, hier könnten wir blockiert werden, hier könnten wir in Schwierigkeiten kommen, hier müssen wir zunächst einmal alleine ermitteln dürfen.

Natürlich kann der Zustand nicht ewig dauern; er darf auch nicht missbraucht werden. Aber dazu haben wir Judikatur, dazu haben wir Gerichte, dazu haben wir die Überprü­fung durch andere Behörden.

Ich sage Ihnen ganz offen: Das, was heute zur Beschlussfassung ansteht, war im Prinzip von Anfang an Inhalt der Regierungsvorlage. Da hat sich ganz wenig geändert. Wir haben zwar sehr viel darüber diskutiert, aber wir haben das gemacht, was sinnvoll ist. Kein anderes Land in Europa hat eine so klare und vor allem praktikable Regelung. Sie haben nichts davon, wenn Sie den Verteidiger von Anfang an zulassen und dann sagen: Das Protokoll dürfen wir dann nicht verwenden, wenn er nicht dabei war! Es gibt unglaublich komplizierte Regelungen in den Ländern um uns herum – unsere ist praktikabel und ist in Ordnung. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Zum Rechtsschutzbeauftragten, Herr Bundesrat, habe ich schon Stellung genommen.

Zum Bundesanwalt. – Bitte, wenn Sie sich schon auf Wissenschafter berufen, Herr Bundesrat Schennach: Jeder Wissenschafter wird Ihnen sagen, dass das Weisungs­recht kein Thema der StPO ist. Es gehört nicht zur StPO. Und legen Sie doch bitte Ihr Trauma ab, das Sie in der Zeit vor 1985 entwickelt haben, als ein Minister in einem einzigen clamorosen Fall 27 Weisungen gegeben hat! Diese Zeiten sind vorbei. Sie haben zu einer Gesetzesnovelle geführt, zu einem neuen Staatsanwaltschaftsgesetz. Und seit diesem Zeitpunkt ist es praktisch undenkbar, dass ein Minister unerkannt und unkontrollierbar – das ist wesentlich: unerkannt und unkontrollierbar! – unzulässige, rechtlich unrichtige Weisungen gibt. Halten Sie sich doch vor Augen, was ein Staatsan­walt alles machen darf, wenn er eine Weisung bekommt, die er nicht für korrekt hält:

Er kann sie ablehnen, auch wenn sie „nur“ – unter Anführungszeichen – seinem Ge­wissen widerspricht. Er kann sie schriftlich ausgefertigt verlangen. Er kann ersuchen und verlangen, dass sie ein anderer Staatsanwalt ausführen muss und vieles andere mehr. Es wird auch der Fall sein bei solchen Gegebenheiten, bei solchen Vorgängen, dass das am nächsten Tag bereits in den Medien aufscheint.

Es ist also heute auf Grund einer Novelle und der Entwicklung im öffentlichen Leben praktisch undenkbar geworden, eine rechtlich unzulässige Weisung zu geben, weil der Minister auch dem Parlament, auch dem Verfassungsgerichtshof, auch dem Zivil- und auch dem Strafgericht verantwortlich ist.

Wenn Sie, Herr Bundesrat Schennach, jetzt wollen, dass jemand anderer das Wei­sungsrecht ausübt, dann sagen Sie bitte dazu: Wollen Sie, dass der weniger kontrol­liert wird, nicht vom Verfassungsgerichtshof, nicht vom Zivil- oder Strafgericht, nicht vom Parlament, nicht von der Öffentlichkeit und von seinen eigenen Untergebenen? Wenn Sie das wollen, dann sagen Sie auch, um wie viel weniger er kontrolliert werden soll und warum Sie wollen, dass er weniger kontrolliert wird.

Es geht bei dem Weisungsrecht nur um die Effizienz der Kontrolle – und die ist gege­ben. Eine andere Debatte führt eigentlich nicht zum Ziel.

Das Argumentieren mit Extrembeispielen bringt nichts, insbesondere auch nicht beim Verteidiger. Ihre Beispiele waren Extrembeispiele, die nicht aus dem Leben gegriffen waren. Die Verfahrenshilfe wird ausgeweitet. Wir haben heute einen Rechtsschutz, der


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