Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 176

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Herr Bundesminister! Wenn ich mir ansehe, worüber wir eigentlich reden, dann waren wir – wie ich glaube – alle ein bisschen erschüttert über diese leidige Wurstsemmel-Diskussion, denn ich weiß, dass ... (Zwischenruf des Bundesrates Fasching. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Herren, Sie brauchen sich nicht zu alterieren, denn es ist dem Herrn Bundes­minister hier schon viel Schlimmeres widerfahren: Bei einer Sozial- und Gesundheits­enquete in der Wirtschaftskammer Österreich – früher: Bundeswirtschaftskammer – wurde diese Geschmacklosigkeit vom Gesundheitssprecher der ÖVP, dem Arzt Dr. Rasinger, noch überboten, indem er dort dem Sozialminister anhand dessen per­sönlichen Krankheitsbildes den entsprechenden monetären Aufwand für die österrei­chische Sozialversicherung vorgerechnet hat.

Damit komme ich schon zum Punkt: Ich glaube, unser Sozialversicherungssystem, von dem Sie ja irgendwie, wie Dr. Rasinger damals festgestellt hat, als – unter Anführungs­zeichen – „Konsument“ sehr betroffen sind, Herr Bundesminister, steht auf einem Sockel, der „Solidarität“ heißt. Und Solidarität bedeutet, dass die einen für die anderen stehen und umgekehrt.

Meine Damen und Herren! Wenn wir hier von den Pensionen sprechen, dann sollten wir uns wirklich die reale Situation vor Augen führen. Zum Beispiel hat Dr. Kühnel gemeint: Na ja, dann soll der Bauarbeiter halt länger arbeiten! – Herr Dr. Kühnel! Schauen Sie sich einmal in der früheren Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter um! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Von zehn Bauarbeitern, die dort versichert sind, erreichen überhaupt nur drei eine normale Alterspension. Die anderen sieben sind in einem so gravierenden invaliden Zustand, dass es ihnen gar nicht mög­lich ist, weiterzuarbeiten. – Das ist die Realität! (Bundesrat Dr. Kühnel: Warum sind sie denn nicht in der Lage, weiterzuarbeiten? Wegen der Schwerarbeit oder aus anderen Gründen?)

Herr Dr. Kühnel! Wenn jemand auf einem Gerüst arbeitet, täglich Ziegel schleppt und dergleichen mehr und wenn der Stützapparat und der ganze orthopädische Zustand eines Menschen dermaßen lädiert ist, dann ist er physisch dazu einfach nicht mehr in der Lage. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jetzt komme ich zum zweiten Punkt: Es ist natürlich nicht jeder in einer Situation, dass ihm 80 Prozent des Letztgehaltes ohne die Deckelung durch die Höchstbeitragsgrund­lage als Pension ausbezahlt wird. Schauen wir uns einmal an, Herr Bundesminister, wovon wir eigentlich reden! Betrachten wir eine Durchschnittspension in diesem Bereich aus dem Jahr 2002, denn nachher konnte nicht mehr aufgegliedert werden, da jetzt Arbeiter und Angestellte in einer Pensionsversicherung abgerechnet werden. Die­se so genannte Pensionsreform ist ein Produkt des Jahres 2003, und man musste sich auf die Zahlen des Jahres 2002 verlassen. Damals betrug die Durchschnittspension in diesem Land für eine Frau 509 €, wenn sie als Arbeiterin gearbeitet und ganz normal die Alterspension erreicht hat. Bei einem Arbeiter betrug die durchschnittliche Pension 943 €, und bei den Angestellten gab es auch entsprechende Werte.

Ich komme aus dem Gewerbebereich, und ich muss sagen, dass es da auch um keinen Deut besser ausschaut: Dort liegt die Durchschnittspension etwas über 800 €. Am meisten hat mich allerdings die Bemessung für die Ausgleichszulage erschüttert: Herr Bundesminister! Sie haben bei einem anderen Punkt heute erwähnt, dass ungefähr jeder achte selbständig Erwerbstätige, der sein ganzes Leben lang mit einem kleinen Handelsgeschäft oder Gewerbebetrieb selbständig erwerbstätig war, die Aus­gleichszulage bezieht. – Wenn wir von der Ausgleichszulage sprechen, dann sollten wir auch Tacheles reden, wie ein Landeshauptmann kürzlich gemeint hat: Die Aus­gleichszulage orientiert sich an einem Wert von 653,19 €, also umgerechnet 8 980 S.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite