Bundesrat Stenographisches Protokoll 707. Sitzung / Seite 35

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Die Meinungsfreiheit ist ein unteilbares Grundrecht und gilt für alle Staatsbürger. Allerdings sind auch weitere Regelungen zu beachten. So regelt zum Beispiel das ORF-Gesetz im § 10 folgende Grundsätze:

„Alle Sendungen des Österreichischen Rundfunks müssen im Hinblick auf ihre Auf­machung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer achten.“

„Die Sendungen dürfen nicht zu Hass auf Grund von Rasse, Geschlecht, Alter, Behin­derung, Religion und Nationalität aufreizen.“

„Das Gesamtprogramm hat sich um Qualität, Innovation, Integration, Gleichbe­rechti­gung und Verständigung zu bemühen.“

„Die umfassende Information soll zur freien individuellen und öffentlichen Meinungs­bildung im Dienste des mündigen Bürgers und damit zum demokratischen Diskurs der Allgemeinheit beitragen.“

„Die Information hat umfassend, unabhängig, unparteilich und objektiv zu sein.“ – Ich glaube, mehr ist dazu nicht zu sagen.

Es ist nicht so, dass nur die Minister das zu beachten haben; jene, die Meinung bilden, haben ebenfalls gewisse Grundsätze zu beachten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Herr Staatssekretär! Nachdem Sie von der umfassenden Information gesprochen haben, möchte ich jetzt die Frage stellen, die ich auch an den Herrn Finanzminister gestellt hätte und die er im ORF nicht be­antwortet hat:

Wie können Sie als Finanzminister nur der Republik beziehungsweise dem Wähler verpflichtet sein, wenn Sie über einen Ihnen nahe stehenden Verein einen großen Geldbetrag in der Höhe von 280 000 € von einer Interessenvertretung wie der Indus­triellenvereinigung nehmen beziehungsweise nehmen lassen? (Rufe: Was hat das mit der Pressefreiheit zu tun?)

 


Präsident Jürgen Weiss: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Der Herr Finanzminister ist nicht Mitglied dieses Vereines. Er ist auch gar nicht berechtigt, über die Vereinsgebarung Auskunft zu geben!

Im Übrigen wurde dieser Verein steuerrechtlich voll geprüft, ich habe über ein Ergebnis schon Auskunft gegeben. (Bundesrat Boden: Der so genannte Persil-Schein!) Derzeit laufen noch Erhebungen bei der Staatsanwaltschaft. Ich weiß also nicht, inwieweit da der Finanzminister zu weiteren Auskünften verpflichtet gewesen wäre, noch dazu, da er nicht Mitglied dieses Vereines ist. (Zwischenruf des Bundesrates Reisenberger.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Schennach.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Es ist etwas schwierig, diese Debatte mit Ihnen zu führen. Ich verstehe auch nicht ganz den Applaus von vorhin. Hat man vorher dem Text des ORF-Gesetzes applaudiert? Tatsache ist, dass ein Minister aus einem laufenden Gespräch entweicht und den Fragen, die ein Öffentlich-Rechtlicher zu stellen verpflichtet ist, nicht entsprochen hat. Man darf doch als interessierte Öffentlichkeit bitte auch die Frage stellen: Gut angelegt war das Geld der Industriellenvereinigung doch schon, wenn man sieht, wie dann die KöSt gesenkt wurde? (Präsident Weiss: Bitte eine Frage zu formulieren!) Teilen Sie


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