Bundesrat Stenographisches Protokoll 707. Sitzung / Seite 49

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Berufstätigen sind der Beruf und die Arbeit in erster Linie dazu da, Geld zu verdienen, und erst in zweiter Linie, sich zu verwirklichen.

Wenn man seinen Lebensunterhalt bestreiten kann und nicht von Sozialleistungen oder von Almosen abhängig ist, dann ist man selbständig. Auch die 72 Prozent der Stu­dierenden, die neben ihrem Studium arbeiten, machen das ja nicht, um sich Kennt­nisse in Soziologie zum Beispiel anzueignen, sondern machen das, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Auch eine Frau mit eigenem Einkommen, auch wenn es statistisch noch immer um ein Drittel niedriger ist und oft aus Teilzeitbeschäftigungen oder atypischen Arbeitsverhältnissen kommt, ist dann nicht davon abhängig, ob sie verheiratet ist oder wie viel ihr Mann verdient und ihr dann zur Verfügung stellt. Sie ist finanziell unabhängig, und darum geht es bei Berufstätigkeit – und erst in zweiter Linie geht es um die Selbstverwirklichung!

Aber mit diesem Argument zu kommen, Frauen können eh zu Hause bei den Kindern bleiben und müssen nicht berufstätig sein, weil sie nicht die Jobs der Generaldirektorin oder der Schriftstellerin bekommen, in denen sie sich verwirklichen können, das halte ich in dieser Debatte eigentlich für verfehlt. (Bundesrat Mag. Himmer: Hat aber nie­mand gesagt, das muss man auch dazusagen!) – Ich habe ja gesagt, im Nationalrat ist das gesagt worden! Und das ist mir so aufgefallen, dass ich mich doch darauf be­ziehen wollte.

Zur Frage der Entscheidung für oder gegen Kinder. Natürlich ist es wichtig für einen Staat, dass es Kinder gibt, die dann das Staatswesen weiter erhalten. Der Herr Kollege vor mir hat sehr oft davon gesprochen, dass sich Frauen für oder gegen Kinder entscheiden und dass Frauen im Schnitt 1,4 Kinder haben. Erst später in seinem Beitrag hat er dann auch die Männer erwähnt. Es sollte doch diese Entscheidung für oder gegen Kinder nicht von der Frau allein getroffen werden, sondern die Rolle der Männer sollte hier schon ein bisschen stärker betont werden!

Es ist nun einmal die freie Entscheidung eines jeden Menschen, Kinder zu haben oder nicht. Die Politik kann das nicht vorschreiben, sondern sie kann nur Rahmen­bedin­gungen schaffen, unter denen sich eine Frau nicht entscheiden muss, ob ihr Familie oder Karriere beziehungsweise generell beruflicher Erfolg lieber ist, Rahmenbedin­gun­gen, unter denen ein partnerschaftliches Familienmodell möglich ist –anstatt dass der Mann allein für den Unterhalt zu sorgen hat und die Frau im besten Fall dazuverdienen kann.

Bei der Entscheidung für oder gegen Kinder geht es ja nicht nur um diese ersten Lebensjahre und um die Betreuungsmöglichkeit, sondern da geht es auch um Fragen wie: Welche Schulbildung kann ich meinem Kind bieten? Wird es später eine Lehrstelle und einen Job finden, und kann ich es mir auch leisten, meine Kinder studieren zu lassen? Welches Umfeld, welches Leben und welche Gesellschaft werden meine Kinder vorfinden? – All das sind Rahmenbedingungen, die bei der Entscheidung für oder gegen Familie eine sehr wichtige Rolle spielen.

Umso trauriger finde ich es dann, wenn zum Beispiel die Ministerin Gehrer darüber lamentiert, dass die Werte verfallen und Urlaub oder Ferienwohnungen wichtiger seien, und wenn das dann auch noch als Wertedebatte bezeichnet wird. Besser wäre es, die Politik würde endlich die Rahmenbedingungen schaffen, um diese Entscheidung zu erleichtern. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

10.53

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundes­rätin Zwazl. – Bitte.

 


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