Bundesrat Stenographisches Protokoll 707. Sitzung / Seite 144

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17.03

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Vize­präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es handelt sich hier offensichtlich um eine etwas sperrige legistische Materie, um nicht zu sagen, um eine Notoperation, denn nach meinen Informationen, Herr Staatssekretär, wurde dieser Gesetzesantrag im Finanzausschuss sogar schon einmal zurück­gezo­gen, wurde revidiert. Er wurde dann im Nationalrat auch nicht zur Abstimmung ge­bracht, sondern überarbeitet, wieder vorgelegt.

Grundlage ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, nämlich die so genannte Rechtssache Seeling, die für viele nicht überraschend war. Es geht dabei um die Umsetzung der 6. EG-Richtlinie, um die Beurteilung des Eigenverbrauchs einer ge­mischt genutzten Grundstücksfläche, die dem Unternehmer die Möglichkeit ein­räumt, einen einerseits zu Vorsteuerabzugsrechten führenden Bereich einer Immobilie eben auch im Eigenverbrauch zu nutzen. Probleme treten freilich dann auf, wenn sich hier etwas verändert, zum Beispiel diese Liegenschaft, diese Immobilie veräußert wird.

Um das zu lösen, hätte es nach Ansicht unserer Fraktion verschiedene Möglichkeiten gegeben. Man hätte entweder dem Urteil konform eine Lösung treffen können, oder man hätte das anders darstellen können, nämlich dass das Gebäude dann nach zehn Jahren unter Nicht-Rückführung des Vorteiles wieder anderen Zwecken zugeführt wird.

Was jetzt vorliegt, ist eher eine Art Behelfsmaßnahme. Es wird eine Art Auffang­tatbestand eingeführt, indem man nach einem 20-jährigen Beobachtungszeitraum eine Vorsteuerberichtigung durchführen kann. Wir glauben, dass diese Lösung nicht un­bedingt EU-konform ist und es auch nicht sinnvoll ist, hier nur eine Art Reparatur durchzuführen.

Unsere Fraktion, Herr Staatssekretär, wäre eher dafür, dass man eine Lösung findet, die tatsächlich den Richtlinien der EU entspricht. Anderenfalls stehen wir da, als ob wir uns nicht in der Lage sehen würden, legistisch das nachzuvollziehen, was vom Euro­päischen Gerichtshof eingefordert wurde.

Ich bitte daher um Verständnis für unsere Position: Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.06

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Zwazl. – Bitte.

 


17.06

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die nun vorliegende Novelle zum Umsatzsteuergesetz ist genau das, was wir uns erwarten: eine gleichheitskonforme Umsetzung des EuGH-Urteils im Fall Seeling.

Grundsätzlich hat ja der EuGH im Fall Seeling ausgesprochen, dass die privat genutzten Teile eines Betriebsgebäudes einen steuerpflichtigen Eigenverbrauch dar­stellen. Die Konsequenz wäre gewesen, dass der Unternehmer für den privat genutz­ten Gebäudeanteil von vornherein zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre.

Zur Illustration darf ich ein Beispiel anführen: Der eine baut ein neues Einfamilienhaus und nutzt es 100-prozentig privat, ein anderer errichtet ebenfalls ein Einfamilienhaus, vermietet aber 5 Prozent seines Kellers und den Rest nutzt er ebenfalls privat. Der Erste darf sich von den Errichtungskosten überhaupt keine Vorsteuer abziehen, der andere darf sich die gesamte 20-prozentige Vorsteuer abziehen, obwohl er ebenfalls das gesamte Haus privat nutzt. Den Zweiten kommt somit die Errichtung um 20 Pro­zent billiger.

 


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