Bundesrat Stenographisches Protokoll 707. Sitzung / Seite 162

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schlecht, denn wir sind ein solidarischer Staat, in dem sich die Länder, Städte und Gemeinden genauso dieser sozialen Frage stellen müssen wie die Bundesregierung.

Wir Grüne stimmen heute nicht zu – wir können hier auch kein Zeichen der Zu­stimmung setzen, da ein differenziertes Abstimmungsverfahren wie im Nationalrat hier nicht möglich ist –, aber einige der Vereinbarungen haben sehr wohl unsere innere Zustimmung und auch die De-facto-Zustimmung gefunden. Nur – und das ist der springende Punkt –, es geht um den individuellen Rechtsanspruch. Asylsuchende haben, egal, ob sie in Bundesbetreuung oder künftig in Landesbetreuung sind, keinen individuellen Rechtsanspruch. Das ist der große Mangel dieser Vereinbarung.

Zum Zweiten – und wir sind hier in der Länderkammer – finde ich es nahezu be­schämend, meine Damen und Herren, wenn uns folgende Zahlen und Quoten der Bundesländer vorliegen: Je westlicher die Bundesländer gelagert sind – und in diesem Fall: je reicher sie sind –, desto schlechter werden die Aufgaben gelöst.

Ich nehme das heute hier im Bundesrat Vorsitz führende Bundesland her: minus 68 Prozent – das ist einfach ein Skandal!

Wenn ein ÖVP-Kollege im Innenausschuss nonchalant gemeint hat: Die halten die Plätze frei, nach dem Fürstenwechsel in Liechtenstein wird man in Vorarlberg ein paar Wirtschaftsflüchtlinge aus Liechtenstein unterbringen müssen!, so mag das humo­ristisch gewesen sein – ich verstehe das auch, ich habe auch gelacht dazu –, aber nichtsdestotrotz muss ich fragen: Was denkt sich eigentlich der zuständige Landesrat in Vorarlberg bei solch einer Minusleistung, bei minus 68 Prozent?

Aber Salzburg mit minus 38 Prozent und Tirol mit minus 35 Prozent sind nicht viel besser. Tirol ist bei Gott kein armes Land. – Es ist einfach nicht einzusehen, dass sich hier einige Bundesländer einen Scheißdreck um soziale Versorgung und Sicherheit scheren.

Und wenn wir dann noch Kärnten mit minus 30 Prozent hernehmen, dann ist das Quartett jener, die hier mit Minuszahlen glänzen, perfekt.

Warum, meine Damen und Herren, muss Niederösterreich mit plus 60 Prozent eine solche Belastung tragen? – Es ist eine Belastung. Wien, das immer wieder kritisiert wird, hat auch ein Plus, mit 4 Prozent zwar ein knappes Plus, aber auch ein Plus.

Das heißt, zwei Bundesländer in Österreich kommen ihren Verpflichtungen nach, der Rest nicht. Ich hoffe und nehme an, dass Oberösterreich – Frau Lichtenecker wird mir hoffentlich ein Ja herausrufen – diesen Verpflichtungen in der Landesregierung nach­kommen wird. Es sind dort nur 12 Prozent. Aber auch diese 12 Prozent sind ein Minus, und ich hoffe, das die oberösterreichische Landesregierung, in der ja auch die Grünen vertreten sind, diese 12 Prozent relativ rasch saniert. Aber das ändert nichts daran, dass wir minus 30, minus 35, minus 38 und minus 68 Prozent in den westlichen Bun­desländern haben.

Meine Damen und Herren! Wir haben gestern – nach dem Ausschuss! – ein Schreiben des Amtes der Vorarlberger Landesregierung bekommen. Ich hätte ein solches Schrei­ben von Niederösterreich wirklich sofort akzeptiert, aber ich finde es erstaunlich, dass es ausgerechnet das Land Vorarlberg ist, das sich – und wenn ich jetzt vom Präsi­denten einen Ordnungsruf bekomme, dann nehme ich ihn gerne an – in schäbigster Weise im Bereich der Asylsuchenden verhält und nun dieses Land Vorarlberg eine juristische Feinspitzargumentation führt. Die kann man nämlich sehen, wie man will. Wenn es nämlich Landessache ist, dann brauche ich sie nicht vom UVS zu nehmen, ich kann ja auch sagen, es ist Sozialhilfe, und dann ist es wieder auf Landesebene. Aber was sich das Land Vorarlberg mit diesem Schreiben leistet, heißt natürlich nichts anderes, als dass erstens Herr Minister Strasser sein Wort nicht halten kann, denn das


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