Bundesrat Stenographisches Protokoll 709. Sitzung / Seite 49

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ten Verbrechens und der internationalen Zusammenarbeit bei der Verfolgung und mög­licherweise auch schon Verhütung dieser Delikte vorgegeben werden.

Dazu dienen auch einheitliche Begriffsbestimmungen, insbesondere die Definition von Menschenhandel – schlimmerweise fast durchwegs Frauenhandel – und Schlepperei, ebenso aber auch der institutionelle Ausbau der grenzüberschreitenden Strafverfol­gung, die Vertiefung der Zusammenarbeit von Polizei- und Justizbehörden und die Intensivierung des Informationsaustausches und der technischen Hilfestellungen.

Die Europäische Union wird als solche selbst Vertragspartei dieses Übereinkommens, weil die Europäische Kommission die Vertragsverhandlungen insofern geführt hat, als die betreffenden Sachbereiche in die Zuständigkeit des Gemeinschaftsrechtes fallen.

In den Mitgliedstaaten, also auch in Österreich, ist dieses Übereinkommen als Rah­menregelung der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich nicht zugänglich. Es ist also kein Self-executing-Abkommen. Deshalb bedarf es an sich der Erlassung entsprechender Gesetze gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG zur Umsetzung und Ausführung der normativen Vorgaben dieses Staatsvertrages. Österreich hat sie im materiellen Strafrecht und im reformierten Strafprozessrecht freilich ohnehin bereits weitestgehend vorweggenommen.

Die zentrale rechtspolitische Devise des Übereinkommens ließe sich plakativ mit der Einsicht umschreiben, dass die international organisierte Kriminalität bekanntlich an nationalen Grenzen nicht Halt macht. Folglich bedarf es auch bei uns eines gewissen Umdenkens.

Die Strafrechtspflege gilt zwar zweifellos als Kernkompetenz der nationalstaatlichen Hoheits- und damit auch der Gerichtsgewalt – das ist österreichischer Grundkonsens und insbesondere auch die staatspolitische Ausgangsposition freiheitlicher Rechts­politik, und in diesem Sinne lehnen wir nach wie vor dezidiert eine europäische Staats­anwaltschaft, die österreichische Justizbehörden auf bloße Erfüllungsgehilfen reduziert, ab –, all das darf aber nicht über eine uns allen schmerzhaft bewusst gewordene Erfahrungstatsache hinwegtäuschen: Es führt heute kein Weg mehr daran vorbei, dass die effiziente Verfolgung organisierter Krimineller, die in mehreren Ländern aktiv sind, nicht nur eines Quantitäts-, sondern sehr wohl auch eines Qualitätssprunges der inter­nationalen Kooperation im Sinne verstärkter Rechtshilfe, zum Teil sogar echt grenz­überschreitender Fahndung und Strafverfolgung bedarf.

Erst all das schafft den nötigen und gebotenen Aktionsradius, also das Handlungsfeld und Spektrum, um den Vorsprung der längst global vernetzten kriminellen Organisa­tionen aufzuholen und ihre daraus bislang resultierende überlegene Handlungsmacht einigermaßen auszugleichen. Dafür ist es unabdingbar, eine transnationale, ja in gewisser Weise universelle Rechtsgrundlage zu schaffen, die koordiniertes grenzüber­schreitendes Vorgehen ermöglicht, schwere Straftaten einheitlich definiert, um die nationalstaatlich verzichtbaren formalen und sachlichen Barrieren abzubauen, die der innereuropäischen und auch der unter Umständen bereits nötigen außereuropäischen justiziellen Zusammenarbeit entgegenstehen – mit all den Bedenken, die Frau Kollegin Hlavac mit, wie ich meine, vollem Recht angesprochen hat!

Grundlegende Begriffsbestimmungen dieses Übereinkommens gelten der organisierten kriminellen Gruppe, den Erträgen aus Straftaten und den vorgesehenen Zwangsmaß­nahmen des Einfrierens, der Einziehung und der Beschlagnahme, insbesondere auch der schon erwähnten Abschöpfung der Verbrechensgewinne.

Im materiell-rechtlichen Teil, also dem Kernbereich des Übereinkommens, geht es im Wesentlichen darum, bereits die Beteiligung an einer organisierten kriminellen Gruppe für strafbar zu erklären, Geldwäsche und Korruption auch eigener offizieller Stellen für


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