Bundesrat Stenographisches Protokoll 709. Sitzung / Seite 64

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Arbeitsplätze geschaffen werden, wo es um Investitionen geht, also um Investitions­begünstigung, sind wir langsam aber sicher das Schlusslicht in der Europäischen Union geworden. – Das ist nicht meine Meinung, sondern das hat Ihnen im Steuer-Hearing, glaube ich, sehr anschaulich Herr Universitätsprofessor Dr. Doralt erklärt.

Wie gesagt: Eine Chance wurde hier vertan. Man hätte viel machen können. Es geht vor allen Dingen darum, dass dort, wo beschäftigungsintensive Betriebe sind, der Fak­tor Arbeit zu entlasten gewesen wäre.

Rechnet man das hoch, von unten nach oben, Herr Staatssekretär, dann kommen Sie zu einer Steuer- und Abgabenlast von 89,5 Prozent. Und da hätte es eine Entlastung geben müssen. Es hätten viele Möglichkeiten bestanden, das Handwerk, das Gewerbe zu entlasten, und zwar dort, wo nicht rationalisiert werden kann, dort, wo die Produktivi­tät nicht erhöht werden kann.

Ich denke dabei an die Installationsbetriebe, an die Friseure, an die Hotellerie, an die Maler, an die Elektriker und so weiter – alles Betriebe, wo eben die Arbeitskraft noch vor Ort notwendig ist und Produktivität nicht durch Maschinen angehoben werden kann.

Ihr Ressortchef, Herr Staatssekretär, bastelt bekanntlich an seiner Dissertation; ich weiß nicht, ob diese Dissertation auch ein historisches Kapitel haben wird. Ich habe mir aber hier ein sehr historisches Zitat über „Neue Grundsätze der Sozialpolitik“ Anfang der dreißiger Jahre herausgesucht. Es lautet:

„Die heutige Form der Aufbringung der Mittel für soziale Zwecke der Arbeiter und An­gestellten belasten nur den, der Arbeiter und Angestellte hat und wer die Arbeiter aus dem Betriebe hinausgeworfen und durch Maschinen ersetzt hat, bekommt eine zehn- bis fünfzehnprozentige Investitionsbegünstigung dafür, daß er statt Menschen Maschi­nen eingestellt hat. Damit kommen wir dem Problem der sozialen Notwendigkeit auf die Dauer nicht nach, daß wir Löhne kürzen und streichen.“

Jetzt werden Sie staunen, wer das gesagt hat. Das war damals, es ist der „Reichspost“ entnommen, Engelbert Dollfuß, zu jener Zeit Bundeskanzler in diesem Land. Auch Dollfuß, der, so glaube ich, in der Österreichischen Volkspartei kein Unbekannter ist, hat damals schon klargestellt, wo Entlastungen stattfinden müssten.

Mir ist wenig Erfreuliches von diesem Politiker bekannt, aber ich denke, diesen Grund­satz sollte man wirklich in den Wirtschaftskammern, beim ÖVP-Wirtschaftsbund und so weiter ernst nehmen. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)

Wo, meine Damen und Herren, werden in diesem Land denn Arbeitsplätze geschaf­fen? – Ich habe mir, um gleich prophylaktisch einem Zwischenruf von Frau Präsidentin Zwazl zu begegnen (Heiterkeit bei den Grünen), die Mai-Statistik der Wirtschafts­kammer Österreich ausgedruckt.

Wie schaut es da aus? – Da gibt es jene Betriebe, die tausend Mitarbeiter und mehr in diesem Land beschäftigen. Es sind ganze 162. Diese haben noch im Jahr 2000 402 000 Arbeitnehmer beschäftigt. Und jetzt, Frau Präsidentin, beschäftigen diese Groß- und Größtbetriebe, über die sich jetzt diese ganzen Segnungen dieser Bundes­regierung – Gruppenbesteuerung, reduzierter Körperschaftsteuersatz – ergießen wer­den, nur noch 360 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Wir sehen also, dort, wo der Herr Bundesminister für Finanzen sein Füllhorn aus­schüttet, sind 42 000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Aber in jenen Unternehmungen, die kleinerer Struktur sind, werden in diesem Land Arbeitsplätze geschaffen. Das, so hätte ich es mir eigentlich gewünscht, sollte so eine Steuerreform berücksichtigen.

 


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