Bundesrat Stenographisches Protokoll 709. Sitzung / Seite 90

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Die Wirklichkeit dieser Steuerreform schaut so aus: Es gibt eine Entlastung von 1 030 Millionen € für den Unternehmenssektor vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2005. Eine Entlastung von 1 030 €! Und im selben Zeitraum gibt es eine Belastung und Ver­schlechterung für die Arbeitnehmer von 600 Millionen €, nicht eingerechnet die Ver­schlechterung im Pensionsrecht, die Verschlechterung in der Arbeitslosenversiche­rung, in der Krankenversicherung und die Selbstbehalte.

Zu dem großen Wurf der Senkung der Körperschaftsteuer, den Sie für den Unterneh­menssektor als großen Erfolg verkaufen, ist anzumerken: Schon bisher war der effek­tive – nämlich der tatsächliche – Steuersatz der Körperschaftsteuer sehr, sehr niedrig. Wissen Sie, wer den höchsten Körperschaftsteuersatz bezahlt hat, nämlich in der Höhe von 23 Prozent? – Die Nationalbank, als Einzige!

Es ist die Frage zu stellen: Werden durch die Senkung der Körperschaftsteuer tatsäch­lich Arbeitsplätze sicherer? Kommt es dadurch zu mehr Investitionen? Kommt es dadurch zu Wachstum? Wird mehr in die Forschung investiert? Entstehen dadurch – durch den Steuerausfall von 1,4 Milliarden € – Arbeitsplätze? Wie wird das Budgetloch finanziert? Wer finanziert das Budgetloch? – Die Regierung sagt: durch Strukturrefor­men – eine gefährliche Drohung, wenn man weiß, dass die Pensionsreform damit gemeint war.

Eine Unternehmensförderung ist dann sinnvoll, wenn in Österreich investiert und ge­forscht wird, wenn diese Investitionen gestützt und motiviert würden und in der Folge die Beschäftigung ausgeweitet würde. – Maßnahmen wie die Halbierung des Steuer­satzes für nicht entnommene Gewinne oder die Senkung der Körperschaftsteuer sind nicht an eine positive Tätigkeit in Österreich gebunden. Das Beispiel des Konzerns von Herrn Prinzhorn ist ja schon zitiert worden. Man sieht auch an ausländischen Bei­spielen, dass man mit der Senkung de facto den Totalausfall der Körperschaftsteuer provoziert und als Folge davon nicht die Industrie erblüht, sondern die Gemeindefinan­zen endgültig ruiniert sind. In der Folge kommt es wiederum zur Investitionsschwäche des öffentlichen Sektors – einer der Vorredner hat das deutlich auf Tirolerisch ausge­führt.

Die Körperschaftsteuer macht eigentlich nur ganz wenige Prozentpunkte der Kosten eines Unternehmens aus. Die Gewinnsteuer der Konzerne ist in Wahrheit für diese Konzerne ein Klacks, sie ist aber ein großer Brocken für den Staatshaushalt. Das Budgetdefizit, das durch die Senkung der Körperschaftsteuer entsteht, verhindert eine stärkere Senkung der Massensteuern, der Lohnsteuer, mit der tatsächlich die Kaufkraft gefördert werden könnte. Der Selbstfinanzierungsgrad einer Steuersenkung wäre dadurch wesentlich höher – zum Beispiel durch eine Negativsteuer für die 2,5 Millionen Österreicher, die keine Steuer mehr zahlen. (Staatssekretär Dr. Finz: ... ein sozialisti­scher Finanzminister sie erhöht, die Negativsteuer?) – Ja, ein sozialistischer Finanzmi­nister hat den Mut gehabt, sie einzuführen! (Weitere Zwischenbemerkung von Staats­sekretär Dr. Finz.) Ja, eben! (Staatssekretär Dr. Finz: Warum hat er sie nicht weiter erhöht? Warum hat er das nicht gemacht?)

Ob Sie persönlich damals in der Regierung waren, daran kann ich mich jetzt nicht erin­nern – mein historisches Gedächtnis hat es vergessen –, aber Ihre Parteigänger waren immer schon im Finanzministerium. Ich glaube, die Möglichkeiten in der großen Koali­tion waren nicht gering!

Der eigentliche Skandal dieses heute vorliegenden Steuerreformpaketes ist also die Verteilung der Steuersenkung.

Zusammengefasst: Die größte Steuerreform aller Zeiten, die Sie hier immer wieder bombastisch verkünden, ist in Wahrheit ein Wintermärchen. Die Bezieher kleiner Einkommen bekommen nichts, die Bezieher mittlerer Einkommen erhalten weniger als


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