Bundesrat Stenographisches Protokoll 709. Sitzung / Seite 91

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20 €, und es handelt sich um ein Umverteilungsprogramm zu den Unternehmen. Zu spät, zu wenig, kaum Impulse für mehr Beschäftigung. Diejenigen, die es am drin­gendsten brauchen würden, gehen leer aus.

Wir wissen ohnehin: Kollege Bieringer – er ist jetzt nicht im Saal – hat hier sehr wortge­waltig das fortgesetzt, was die Regierung immer wieder gut kann, nämlich inszenieren, kleine, mickrige Produkte mit bombastischen Worterfindungen übertiteln – mit großen Worterfindungen und pompösen Inszenierungen wahrscheinlich auf Empfehlung über­bezahlter externer Berater. (Bundesrätin Diesner-Wais: Was soll das jetzt in diesem Zusammenhang?) Na ja, Rechnungshofkritik! (Bundesrat Schimböck: ... Rechnungs­hof ...!) Aus zu lange gebackenen Brötchen werden dann vollwertige Brotlaiber, aus tanzenden Mäusen kreißende Berge und aus etwas, was in Wahrheit eine Umvertei­lungsmaßnahme zu 900 Konzernen ist, wird die größte Steuerreform der Zweiten Republik. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihr Problem ist nur: Die Menschen spüren etwas anderes und werden es Ihnen nicht glauben. Und die, die es spüren, die dürfen es nicht zugeben. Damit machen Sie Propaganda, ersetzen Sie die Wirklichkeit durch Propaganda. Wochenlange Inserate: „Weniger Steuern – mehr Geld zum Leben“, Claus Raidl. – Ja, bezahlt von der Regie­rung – anscheinend Rückerstattung für die teuerste Homepage der Republik, wie schon gesagt wurde. Für die 900 Konzerne gilt es ja – weniger Steuern –, aber für die große Masse der Österreicher gilt das nicht.

Wir hätten Bedarf an konjunkturstützenden Maßnahmen, an echter Wirtschaftspolitik. Wenn Sie die Vorschläge der Experten des Beirats für Wirtschafts- und Sozialfragen, der Experten der Sozialpartner zur Hand nehmen, so werden Sie feststellen, dass dort schon im Jahr 1998 deutlich konstatiert wird: Wir haben in Europa ein großes Nach­fragedefizit, das gestützt wird oder entsteht durch eine zu enge Stabilitätsorientierung in der Geldpolitik, durch die synchrone Haushaltskonsolidierung in ganz Europa und – das Wesentliche – durch den Steuersenkungswettlauf zwischen den einzelnen Staa­ten. – Und die nächste Runde in diesem Steuersenkungswettlauf in Europa hat die Bundesregierung eröffnet, anstatt dafür zu sorgen, dass in Europa endlich gleich laufend eine wachstumsfördernde Wirtschaftspolitik betrieben würde. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Folge davon ist ein Rückgang an Arbeitsplätzen in der Industrie, und die primäre Einkommensverteilung, die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer. Ge­rade diese Woche hat das Wirtschaftsforschungsinstitut wieder die aktuelle Konjunktur- und Beschäftigungsprognose veröffentlicht, und einer der Befunde ist leider: Die Spar­quote steigt weiter. – Was in früheren Zeiten begrüßt worden ist, ist im Moment das Gegenteil von dem, was wir uns wünschen. – Das heißt, jene Menschen, die es sich leisten können, dass sie einen Teil ihres Einkommens auf das Sparbuch legen, ent­ziehen das dem Konsum. Genau diese Menschen erhalten jetzt eine Entlastung durch die Steuerreform, und all jene, die jeden Groschen oder jeden Cent in den Konsum stecken würden, erhalten nichts. Diese gehen leer aus.

Das heißt, die Chance, mit einer Steuerreform wachstumsbelebend, konjunkturbele­bend zu wirken, haben Sie vertan – oder Sie haben das gar nicht als Absicht gehabt, weil offensichtlich die Zielsetzung eine andere ist als die tatsächlich verkündete Aktion.

Einige von Ihnen haben ja nächstes Jahr so genannte richtige Wahlen, die Wirtschafts­kammerwahlen. Mein oberösterreichischer Kollege Gottfried Kneifel ist gerade nicht im Saal; ich würde ihn gerne fragen: Wie wird er den Tausenden Kleinunternehmern nächstes Jahr bei der Wirtschaftskammerwahl erklären, worin die große Leistung einer Steuerreform mit Wirkung für 900 Konzerne besteht? – Viel Glück bei dieser Arbeit und bei dieser Überzeugungsarbeit!

 


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