Bundesrat Stenographisches Protokoll 710. Sitzung / Seite 66

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damit natürlich auch insbesondere die Österreichs betrifft. Wir wissen ja, dass die Ver­einheitlichung des Gesellschaftsrechtes eine der schwierigsten Aufgaben im europäi­schen Wirtschaftsraum war. Als man sich im Jahre 2000 in Nizza auf eine Europäi­sche AG einigte, stand dem immerhin ein fast 30-jähriger Diskussionsprozess davor.

Meiner Ansicht nach müssen wir jedoch die Dinge auch etwas kritisch durchleuchten, denn wir mussten – das wurde nämlich gestern bekannt – miterleben, wie eine ganz große europäische Gesellschaft, nämlich das Unternehmen Vodafon, ein britisches Unternehmen, Mannesmann gekauft hat, und zwar um die schier unglaubliche Summe von 200 Milliarden €, und es jetzt so aussieht, dass dieser britische Konzern, diese britische Gesellschaft durch Teilabschreibungen im Umfang von 50 Milliarden € in Deutschland einen Steuervorteil von 20 Milliarden € lukrieren wird. Es gibt ja dazu be­reits Stellungnahmen sowohl von CDU- als auch von SPD-Seite. – Da wird man, glaube ich, nur Abhilfe schaffen können, wenn es eine Art rückwirkende Steuerge­setzgebung gibt. Da bin ich sogar mit dem CDU-Abgeordneten Dietrich Austermann, der das so dargestellt hat, einer Meinung.

Herr Bundesminister! Die Entwicklungen im wirtschaftlichen Gesellschaftsrecht sind wirklich sehr, sehr kritisch zu sehen, ja ich möchte das fast als Querschnittsmaterie bezeichnen, bei der man sich auch einmal all die steuerlichen Aspekte, die sich da ergeben und die zu unglaublichen Steuerausfällen führen können, vor Augen halten muss. Ich meine, das jetzt mit diesem wirklich ganz dramatischen Beispiel deutlich aufgezeigt zu haben, ein Beispiel, das ja auch parteipolitisch vollkommen außer Streit steht; daher ganz bewusst dieses Zitat von Dietrich Austermann.

Weiters zitieren möchte ich Peter Sloterdijk, will aber Kollegen Kneifel jetzt nicht in Versuchung führen, der mir einmal bei einem Zitat eines Wirtschaftstheoretikers eine „Standard“-Seite gebracht hat. Kollege Gottfried Kneifel, du brauchst jetzt nicht in der Zeitung „Standard“ das „Kulinarium“ suchen, sondern ich sage gleich dazu: Peter Slo­terdijk ist ein sehr bekannter deutscher Philosoph, der auch gerne von deinem Bun­desparteiobmann Dr. Schüssel zitiert wird. Sloterdijk hat kürzlich, als er sein neuestes Werk vorgestellt hat, gemeint, es mache sich irgendwie so eine Art „Anarchie des Kapi­tals“ in Europa und auch weltweit breit.

Ich glaube, das müssen wir in diesem Zusammenhang schon sehen, und es hat ja bei­spielsweise meine Vorrednerin zwei Gesellschaftssysteme, wie wir sie kennen, hier dargestellt: das GesmbH-Recht und das AG-Recht. Diese unterscheiden sich in ganz wesentlicher Weise von monistischen Gesellschaftsformen, wo wir ja dieses „Board­system“ kennen, in dem es eben zu einer „Verschmelzung“ von Geschäftsführung und dem eigentlichen Aufsichtsrat kommt.

Wir werden natürlich auch lernen müssen, in unserem Land mit so etwas überhaupt zu leben und umzugehen. Jeder, der sich damit auch nur ein bisschen beschäftigt hat, konnte ja gerade in letzter Zeit sehen, wie es ist, wenn dort Verwaltungsräte installiert werden. Dazu ein berühmtes Beispiel: den Verwaltungsrat im Hauptverband, wo es zwar eine Geschäftsführung gegeben hat, der Verwaltungsrat aber einerseits auch wieder irgendwelche Rechte hatte, geschäftsführend tätig zu sein. Da beginnen sie, sich auf einmal zu blockieren. Dieses leidvolle Beispiel haben ja dann die Wiener Ärzte mit diesem „berühmten“ Vertrag erfahren. – Also: Auch da muss man mit Augenmaß und großer Sorgfalt vorgehen.

Nun zu einem Punkt, der mir als Vertreter von kleineren Gewerbetreibenden sehr, sehr wichtig ist. Wir müssen, wenn wir heute in unserer Gesellschaft der Wirtschaft das Wort reden, auch daran denken, dass Schutzmechanismen für kleine Unternehmen einzurichten sind.

 


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