Bundesrat Stenographisches Protokoll 710. Sitzung / Seite 110

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Sie würden bei einer Studienreise in den Norden Europas aber vermutlich auch eine Antwort auf viele in Österreich bestehende Probleme bekommen und vielleicht auch Mut für umfangreichere familienpolitische Maßnahmen fassen können. Wir könnten dann über Gesetzesvorlagen diskutieren, die wirkliche Verbesserungen bringen, und müssten nicht die Frage aufwerfen, wie wir bei so kleinen Schritten jemals das Ziel einer effizienten Familienpolitik erreichen sollen.

Wir haben von den Kolleginnen Diesner-Wais und Gansterer schon gehört, warum Betriebe mit weniger als 20 Beschäftigten vor unlösbaren Problemen des Personalein­satzes stünden, wenn auch dort ein Recht auf Teilzeit eingeführt würde. Ich kann dem nur entgegenhalten, dass es gerade – und da spreche ich wirklich alle Politikerinnen in diesem Raum an – an uns Politikerinnen liegen muss, nicht nur von Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu reden, sondern gerade dort, wo wir selbst die Möglichkeiten haben, auch mit gutem Beispiel voranzugehen.

Ich selbst bin Bürgermeisterin einer kleinen Gemeinde. Wir haben derzeit sieben weib­liche und einen männlichen Gemeindebediensteten (Bundesrätin Roth-Halvax: Das ist der Amtsleiter!), also ein ganz kleines Gemeindeamt, wie vielleicht bei Ihnen auch. (Bundesrätin Roth-Halvax: Ist das der Amtsleiter?) – Hören Sie zu! Im Bereich der Verwaltung arbeiteten bis Anfang des Jahres zwei Frauen. Eine davon – die Leiterin des Gemeindeamtes – hat im Februar dieses Jahres nicht einmal fünf Monate nach der Geburt ihres ersten Kindes wieder zu arbeiten begonnen, und zwar nicht nur Teilzeit, sonder auch mit flexibler Arbeitszeit. Sie würden staunen, kämen Sie zu mir aufs Ge­meindeamt: Sie würden ein Büro vorfinden, in dem ein Kinderbett steht!

Nicht sie hat mich darum ersucht, sondern ich habe ihr angeboten, dass sie ihr Kind speziell dann, wenn sie keine andere Betreuungsmöglichkeit hat, mitnehmen kann. Sie werden es nicht glauben: Mutter und Kind fühlen sich wohl, und ich verfüge über eine überaus motivierte Mitarbeiterin.

Für die Zeit dieser Teilzeitbeschäftigung habe ich zusätzlich bewusst ebenfalls die Mut­ter eines Kleinkindes beschäftigt. Beide stimmen ihre Arbeitszeit aufeinander ab, und es gibt keine Probleme. Nicht unerwähnt möchte ich den angenehmen Nebeneffekt lassen, dass es zudem zwei zufriedene Väter gibt, die in ihrer Freizeit immer wieder unentgeltliche Arbeit für die Gemeinde verrichten, wie zuletzt zum Beispiel beim Bau eines Kinderspielplatzes.

Ich wollte mit diesem Beispiel – entschuldigen Sie noch einmal, dass ich auch ein we­nig persönlich und in eigener Sache so ausführlich darüber gesprochen habe – einfach auch zeigen, dass wir SozialdemokratInnen nicht utopische Forderungen aufstellen, sondern den Mut und vor allem den Willen zur Umsetzung nicht nur einfordern, son­dern auch haben und dass wir selbst auch innovative Ideen umsetzen, wenn wir die Möglichkeit dazu haben.

Um künftig zumindest einem kleinen Teil betroffener Eltern eine Verbesserung ihrer Situation zu ermöglichen, wird meine Fraktion dieser Gesetzesnovelle, wie bereits be­kannt gegeben, zustimmen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Für mich ist heute auf Grund meines Wechsels in den burgenländischen Landtag die Zeit gekommen, Abschied vom Bundesrat zu nehmen. – Ob es ein Abschied für immer sein wird, weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass ich gerne Mitglied des Bundesrates war und die Zeit, die ich hier verbringen durfte, für mich wichtig und auch lehrreich war.

Ich danke Ihnen allen für die gute Zusammenarbeit. Ich danke aber auch meinen Frak­tionskolleginnen und -kollegen für die Unterstützung sowie für das Gefühl der Akzep­tanz und des Wohlbefindens, das ich in all der Zeit empfinden durfte.

 


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