Bundesrat Stenographisches Protokoll 710. Sitzung / Seite 116

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Wenn Austritte aus dem Primärbereich einer 72-stündigen Meldefrist unterliegen und die 24-stündige Meldefrist – auch nicht wirklich gerade die Expresslösung – für schwerste Vorfälle reserviert ist, dann handelt es sich um ein aus österreichischer Sicht absolut unzureichendes und sogar gefährdendes Übereinkommen. Auch wenn wir in diesem Fall auf die Bereitschaft und damit auf den guten Willen der Tschechischen Republik angewiesen sind, ist es sicherlich notwendig, auf dieses Thema zurückzu­kommen.

Herr Bundesminister! Ich habe nicht die Absicht, die Fragen vorzulesen. Wir werden nach Beantwortung durch Sie die Gelegenheit haben, darüber weiter zu diskutieren, aber es ist schon klar, dass dann weitere Stunden vergangen sind. Ich halte es für problematisch, das damit zu begründen – Sie haben es getan –, dass Sie keine Panik in der Bevölkerung auslösen wollten. Paniken entstehen selten durch sachgerechte, konkrete Informationen. Wenn sie entstehen, dann ist der Auslöser dafür Nichtwissen, das Ahnen und das Gerücht. Einem Gerücht und einer Verunsicherung der Bevölke­rung kann man am besten durch frühestmögliche autoritative, korrekte und konkrete Information entgegentreten.

Ich bin nicht der Meinung, dass das in diesem Fall geschehen ist, und ich bitte – auch das ist ein Bezug auf eine Frage –, Ihre Beweggründe detaillierter darzustellen. Wenn der zuständige Minister – und ich bewege mich im Rahmen dessen, was bisher be­kannt ist – gestützt auf die Tatsache, dass die österreichischen Meldestellen keine er­höhten Werte auswiesen, das der österreichischen Bevölkerung zum ehestmöglichen Zeitpunkt mitgeteilt hätte, dann wüsste ich nicht, wodurch da eine Panik hätte ausge­löst werden sollen. Wenn in Medien und in Form von Gerüchten im lokalen Bereich von einem Störfall in Temelín die Rede ist und es keine Stellungnahme des zuständigen Ministers gibt, dann ist das wesentlich verunsichernder! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber es ist schon klar – und ich habe es einleitend gesagt –: Dieser Störfall ist für uns darüber hinaus auch ein nicht willkommener, aber notwendiger Anlass, um einmal mehr über die Erfolgsaussichten der Atompolitik, wie sie von Österreich derzeit betrie­ben wird, zu sprechen.

Ich mache Sie schon jetzt darauf aufmerksam, dass wir zu einem ganz konkreten und sehr bedeutsamen Aspekt dieser Antiatompolitik einen Entschließungsantrag einbrin­gen werden, um dessen Unterstützung wir Sie ausdrücklich ersuchen.

Es ist nicht zu übersehen, dass – und hier mache ich keine parteipolitischen Unter­schiede – es im Konvent und nachfolgend im Europäischen Parlament zu einem für eine Anti-AKW-Politik bedeutsamen Fortschritt gekommen ist, indem eben der EURATOM-Vertrag bei der Vereinheitlichung der Vertragswerke der Union nicht in den einheitlichen Vertrag aufgenommen, sondern abgespalten wurde. Das ändert zunächst einmal noch nichts – Mitgliedskreise et cetera verändern sich dadurch nicht –, aber es schafft die Möglichkeit, in zwei europäischen Rechtsbereichen unterschiedlich vorzu­gehen. Der EURATOM-Vertrag wird, wenn das hoffentlich alles beschlossen sein wird, nicht mehr Bestandteil des Gesamtvertragswerks der künftigen europäischen Verfas­sung sein, sondern ein eigenständiges Vertragswerk, das daher naturgemäß auch die Möglichkeit in sich birgt, eine eigenständige und daher aus unserer Sicht weniger um­fassende Entwicklung zu nehmen.

Damit aber dort etwas in Gang kommen kann, ist es notwendig, dass die durchaus mögliche Revisionskonferenz der EURATOM-Signatarstaaten stattfindet. Es ist keine Wahlkampfpolemik, obwohl einem das jetzt auch unterstellt wird, wenn man guten Tag sagt, aber es ist zutiefst betrüblich ... (Heiterkeit. – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Oje, oje! Nein also wirklich!) Na ja, es ist ja schon ein Lob für die Regierung, wenn der Tag ganz gut ist, zumindest werten Sie das so. (Neuerliche Heiterkeit.)

 


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