Bundesrat Stenographisches Protokoll 710. Sitzung / Seite 120

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Darüber hinaus verweise ich darauf, dass wesentliche Ergebnisse aus dem „Melker Prozess“ in den  WPNS-Bericht, Nukleare Sicherheit im Kontext der Erweiterung, aus dem Jahr 2001 eingeflossen sind. Umgekehrt decken sich die Empfehlungen dieses Berichtes weitgehend mit dem im Annex I der Vereinbarung von Brüssel enthaltenen Sicherheitsziel, wenn diese, dem Charakter einer bilateralen Vereinbarung entspre­chend, präzise und umfassend ausgeführt sind. Die Sicherheit des Kraftwerkes Temelín ist daher ein europäisches Thema und wird, so wie die Sicherheit aller anderen Kernkraftwerke, auch ein europäisches Thema bleiben.

Zur Frage 9:

Auch wenn wir überzeugt sind, dass die energetische Nutzung der Kernenergie weder eine tragfähige Option zur Bekämpfung des Treibhauseffektes darstellt – wo ja manche auch versuchen, eine Offensive in der Kernenergie als Lösung für Kyoto hinzustellen –noch mit dem Prinzip einer nachhaltigen Entwicklung in Einklang zu bringen ist, müs­sen wir doch respektieren – und Sie haben das schon angesprochen, sehr, sehr vor­sichtig und ausgewogen –, dass andere Staaten andere energiepolitische Strategien verfolgen.

Wir in Österreich suchen uns unsere Energieformen auch selbst aus. Wir wollen nicht, dass jemand anderer in unserem Land über die Auswahl unserer Energieformen ent­scheidet. Das hieße es nämlich in der Gegenrichtung, wenn man das verlangen würde. Man muss also klar sagen, dass es ein nationales Thema bleiben wird. Wir sind jedoch berechtigt und auch verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der öster­reichischen Bevölkerung und der Umwelt zu ergreifen.

Dazu gehört auch das Werben für unseren Standpunkt. Wir sagen das in allen Berei­chen, in denen wir in Europa unterwegs sind. Ich sage Ihnen ganz offen: Wir müssen nicht danach trachten, gehört zu werden, wir werden gehört mit unseren Anliegen in der Europäischen Union, die wir entsprechend vorbringen.

Welche Strategie verfolgen wir? – Erstens: Schließung von nicht nachrüstbaren Kern­kraftwerken, zum Beispiel der Reaktoren der ersten Generation sowjetischer Bauart wie Ignalina, Bohunice, Kosloduj; zweitens: Schaffung einheitlicher und hoher Sicher­heitsstandards für noch in Betrieb befindliche Kernkraftwerke – die ständige Sicher­heitsverbesserung auf den modernsten Standard ist Ziel und ist wichtig –; drittens: konsequente Verfolgung eines europaweiten Ausstiegs aus der Nutzung der Kernkraft.

Auch dazu ein konkretes Beispiel: Österreich hat ganz wesentlich dazu beigetragen, dass jene Beitrittskandidatenländer, die jetzt zum Teil bereits neue Mitglieder der Euro­päischen Union sind und die Kernkraftwerke der ersten Generation sowjetischer Bauart betreiben, Schließungsverpflichtungen eingegangen sind. Das waren keine Selbstver­ständlichkeiten. Wir haben uns dafür eingesetzt, im Rahmen des Beitritts von neuen Mitgliedsländern Schließungsverpflichtungen für alte Kernkraftwerke zu erreichen.

In dieser Legislaturperiode ging es und geht es vor allem darum, die Schließungsver­pflichtung für die Blöcke 3 und 4 des Kraftwerks Kosloduj in Bulgarien ebenso rechts­gültig im Beitrittsvertrag zu verankern, wie wir das für das Kraftwerk Ignalina in Litauen und das Kraftwerk Bohunice in der Slowakischen Republik – da haben wir gerade vor kurzem diskutiert, dass manche das jetzt nicht schließen wollen, aber es ist im Beitritts­vertrag klar drinnen – bereits erreicht haben.

Natürlich verfolgen wir auch weiterhin das Ziel einer umfassenden Reform des Euratom-Vertrages, da dieser Reform sicherlich eine Schlüsselrolle in der zukünfti­gen Gestaltung zukommt.

Klar ist, dass wir hier auf erheblichen Widerstand stoßen, und ich erinnere daran, dass jede Änderung dieses Vertrages der Zustimmung aller Mitgliedstaaten der Europäi­schen Union bedarf.

 


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