Bundesrat Stenographisches Protokoll 710. Sitzung / Seite 129

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schen Sinn – im AKW Temelίn bewusst vertuschen wollen. (Bundesrat Schennach: Das ist aber jetzt eine FPÖ-interne Geschichte!) Ja, das war nicht meine Aussage, aber die Dringliche Anfrage, die ja angeblich nicht Wahlkampf ist, hat sie sich zu eigen gemacht. (Bundesrat Schennach: Ist das jetzt Mölzer-Wahlkampf?)

Gerade angesichts der auf das Allernötigste beschränkten Informationen von tschechi­scher Seite bedarf es zuvor seriöser fachlicher Überprüfung, welches Ausmaß und welche Auswirkung der aktuelle Fall, sage ich jetzt wertneutral, hatte. Um eine Panik­mache ohne ausreichende Begründung, ohne die Umstände im Detail zu kennen, kann es ja wohl selbst in Wahlkampfzeiten nicht gehen.

Freilich hätte sich auch meine Fraktion eine frühere Information der Öffentlichkeit ge­wünscht. Dazu müsste allerdings zuvor das „Melker Protokoll“ revidiert werden.

Zum anderen muss ich zwei politischen Einschätzungen widersprechen, die mir in der vorliegenden Dringlichen Anfrage allzu illusionär erscheinen. So trifft es gewiss nicht zu, dass es die gegenwärtige Regierung verabsäumt habe, für den Atomausstieg in Europa Verbündete zu suchen. Wir haben sie gesucht, auch für die Reform des EURATOM-Vertrages, aber eben leider nur, das sage ich ganz offen, zu einem kleinen Teil der EU-Staaten gefunden.

Sie müssten aber redlicherweise zugeben, meine Damen und Herren von der SPÖ, dass auch die von Ihnen geführte Bundesregierung bei dieser Suche nach Partnern für das vom von mir geschätzten Bundeskanzler Vranitzky propagierte Anliegen eines atomfreien Europa oder auch nur Mitteleuropa keineswegs erfolgreich war. Sie erin­nern sich offenbar nicht allzu gerne daran.

Vor allem muss ich Ihnen wie auch den Grünen vorhalten, dass Sie das von uns, ge­nauer: von drei Landesgruppen durch die Grenznähe besonders betroffener Bundes­länder, initiierte Volksbegehren zur Stilllegung von Temelίn in keiner Weise unterstützt, ja geradezu boykottiert haben. Das lässt an Ihrem Engagement, hier die Interessen Österreichs zu vertreten, durchaus zweifeln. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Unberechtigt erscheint mir auch die Kritik an der Zustimmung zur Erhöhung des EURATOM-Kreditvolumens, obwohl ich selber auch darüber in keiner Weise erfreut war. Aus österreichischer Sicht ging es dabei ausschließlich um die technische Nach­rüstung veralteter AKWs, deren Schließung rechtlich und politisch nicht durchsetzbar war. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Das ist nicht richtig! ...) Anders als im Verhältnis zu Litauen, Bulgarien und zur Slowakischen Republik, was schon erwähnt wurde! Diesen Vorbehalt haben wir ausdrücklich erklärt.

Sosehr wir Ihrer Aufforderung auch zustimmen, dass wir mit Nachdruck für einen Aus­stieg aus der Kernenergie in Europa werben sollen, so sehr muss ich auch Ihrer zwei­ten Einschätzung widersprechen, dass – ich zitiere – ein Anti-Atomkonsens in Europa mehr als realistisch ist.

Zu meinem ehrlichen Bedauern muss ich Ihnen aus guter Kenntnis aus dem Forum für Atomfragen, aus guter Kenntnis der internen Entwicklungen innerhalb der Europäi­schen Union mitteilen: Ganz im Gegenteil: Der europäische Ausstieg ist derzeit höchst unrealistisch!

Sie beklagen ferner, dass die österreichischen EU-Abgeordneten in Brüssel nicht ge­schlossen für eine Anti-Atompolitik eintreten. Meiner Fraktion und nicht zuletzt unserem gegenwärtigen Spitzenkandidaten Hans Kronberger können Sie das wahrlich nicht entgegenhalten! Gerade sein Engagement in dieser Frage steht absolut außer Zweifel.

 


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