Bundesrat Stenographisches Protokoll 711. Sitzung / Seite 103

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

ergeben sich dann in manchen Fällen Rechtsunsicherheiten, die nicht unbedingt zum Vorteil der Arbeitslosen sein werden.

Aber eigentlich wollte ich über etwas anderes reden. Dieses Gesetz trägt den Titel „Arbeitsmarktreformgesetz“, und es könnte der Anschein entstehen, dass darin Maß­nahmen enthalten sind, die die momentanen Probleme auf dem Arbeitsmarkt, also die Arbeitslosigkeit lösen. So ist es aber leider nicht.

Ein Problem, von dem immer wieder erwähnt wird, dass es eines der größten ist und dass man etwas dagegen unternehmen muss – worin sich alle einig sind –, ist die Jugendarbeitslosigkeit. Ich glaube, einem jungen Menschen kann kaum etwas Schlim­meres passieren, als keine Anstellung oder keine Lehrstelle zu finden. Ich trenne das jetzt, denn es gibt ja einerseits Jugendliche, die eine Lehrstelle suchen und keine fin­den und dann eben mit Kursen diese Wartezeit überbrücken, andererseits gibt es aber auch junge Menschen, die die Schule verlassen und dann einen Beruf suchen, und die haben oft Wartezeiten von mindestens einem halben Jahr oder weit darüber hinaus, schreiben endlos Bewerbungen.

Es ist so ziemlich das Frustrierendste, glaube ich, was beim Einstieg in das Berufsle­ben passieren kann, wenn man so lange ohne Beruf ist, wenn man nicht weiß, wie man dann weitergehen soll, was man mit seinem Leben anfangen soll. Auf jeden Fall hat das massive Auswirkungen auf das Selbstbewusstsein dieser jungen Menschen, und es ist sicher der denkbar schlechteste Start in das Berufsleben.

Früher hat man die Kinder gefragt: Was willst du denn werden, wenn du groß bist? – Ich fürchte, inzwischen hat sich diese Frage ein bisschen umgedreht, inzwischen fra­gen sich die jungen Menschen eher: Was werde ich denn werden? In welchem Beruf finde ich denn einen Arbeitsplatz? Denn so, dass man sich einen Traumberuf aussucht und dann eine entsprechende Lehrstelle oder Stellung annimmt, ist es ja in den meis­ten Fällen nicht mehr. Ich glaube, vor allem bei Lehrlingen ist es so – ich kenne das aus Tirol sehr gut –, dass das Angebot sehr begrenzt ist. Und wenn jemand kein Inter­esse hat, zum Beispiel im Tourismus zu arbeiten, nach einem halben Jahr jedoch noch immer keine Lehrstelle hat, dann wird er trotzdem eine Lehrstelle im Tourismusbereich annehmen, obwohl das Interesse vielleicht ganz woanders liegt. Er wird die Ausbildung machen, wird sich danach aber etwas Neues suchen müssen. – Das ist auch keine besonders gute Situation.

Die meisten Menschen sind schon froh, wenn sie überhaupt eine Anstellung oder eine Lehrstelle finden. Aber das ist dann auch nicht unbedingt ein guter Start für eine Karrie­replanung, wenn Sie so wollen.

Und obwohl alle immer betonen, dass Jugendarbeitslosigkeit ein großes Problem ist und dass jeder arbeitslose Jugendliche zu viel ist, finden wir in diesem Gesetz keine Maßnahmen, die dieses Problem beseitigen könnten. Es braucht aber Maßnahmen.

Ich möchte jetzt ein paar Zitate von Egon Blum, der der Regierungsbeauftragte für Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung ist, bringen. Er hat anlässlich hundert Tage seiner Dienste einen Bericht verfasst, der einige sehr interessante Anregungen enthält.

Zum Beispiel sagt er, dass eine Entspannung dieser Situation erst ab zirka 2010 zu erwarten ist. Weiters: „Die aufgezeigten Vergleichszahlen wurden unter der Annahme errechnet, dass die derzeit angebotenen Lehrstellen in der gleichen Größenordnung erhalten bleiben. Den Glauben an zusätzliche Lehrstellen, die aus einem konjunktur­bedingten Aufwärtstrend der Wirtschaft resultieren, könnte ich derzeit nicht begrün­den“, sagt Blum.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite