Bundesrat Stenographisches Protokoll 711. Sitzung / Seite 112

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dige und richtige Maßnahme. Jeder von uns kennt Erwerbstätige, die weit mehr als zwei Stunden Wegstrecke auf sich nehmen müssen. Viele benötigen sogar zwei Stun­den für eine Strecke. Bei dieser Wegzeit ist gemeint, dass das Zurücklegen der Stre­cke mit einem öffentlichen Verkehrsmittel erfolgt. Das ist ganz klar.

Wie lange, frage ich Sie, brauchen Sie selber von Ihrem Wohnort hierher ins Parla­ment? Wie lange brauchen Sie in Ihr Büro? Wie lange brauchen Sie in Ihr Geschäft? – In der Regel kommen Sie, kommen wir mit zwei Stunden nicht aus.

Die nun getroffene Regelung mit einer zumutbaren Wegzeit von insgesamt zwei Stun­den für die Hin- und die Rückfahrt ist für mich eine durchaus akzeptable Regelung, weil sie fair ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Sie ist fair und stellt Arbeitslose und Erwerbstätige gleich. Natürlich sollte der Anfahrtsweg im Idealfall kürzer sein, insbesondere für Mütter.

Ebenso zu begrüßen ist die Regelung für Teilzeitbeschäftigte bis zu einer Wochen­arbeitszeit von mindestens 20 Stunden. Da ist die Zumutbarkeit mit eineinhalb Stunden für die Hin- und die Rückfahrt ebenso gut gelöst. Eine Untergrenze einzuziehen, von der viele erwerbstätige Menschen nur träumen können, ist völlig gerechtfertigt.

Probleme sehe ich jedenfalls bei Personen mit einer Wochenarbeitszeit von weniger als 20 Stunden, zum Beispiel bei 15 Stunden verteilt auf fünf Arbeitstage pro Woche. Nach dem Gesetz wäre nur eine Wegzeit von 45 Minuten für Hin- und Rückweg zumut­bar, somit nur 22,5 Minuten pro Wegstrecke. Da kann und da muss auch das AMS be­urteilen, ob die besonderen Umstände für eine Überschreitung der Wegzeit sprechen. Beispielsweise kann ein entlegener Wohnort des Arbeitslosen für eine Überschreitung sprechen. Aber es geht ja vielen Erwerbstätigen nicht anders. Wir alle wissen, dass es in Österreich wenige Arbeitsplätze gibt, die in 22,5 Minuten vom Wohnort erreichbar sind. Bei all diesen Regelungen geht es um die Anpassung an die Wirklichkeit der modernen Arbeitswelt. Wenn wir nach einem Jahr feststellen, dass diese Regelungen nicht entsprechen, nicht ausreichen, dann wird man eben evaluieren und anpassen müssen.

Ein weiterer Punkt, der heute schon sehr oft angesprochen wurde, ist der Berufs­schutz, der nunmehr mit 100 Tagen festgelegt wird. Abgefedert wird diese Beschrän­kung ohnehin durch einen gleichzeitig eingeführten Entgeltschutz. Viele Menschen müssen sich regelmäßig beruflich neu orientieren. Viele haben Jobs, die mit ihrer Aus­bildung oder mit ihrem vorigen Job nichts zu tun haben. Viele müssen bei einem Job­wechsel auch Abstriche vom Gehalt machen, sodass das Einkommen oft bei unter 80 Prozent des vorherigen Verdienstes liegt, wie es für die Arbeitslosen gilt. Aber die meisten Arbeitslosen zeigen auch Veränderungsbereitschaft. Von dieser Regelung erhoffe ich mir in erster Linie, dass die Zahl der Langzeitarbeitslosen zurückgeht.

Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Als Wirtschaftsvertreterin begrüße ich auch die Einführung und die konkrete Ausgestaltung des Betreuungsplans. Für einen funktionierenden Arbeitsmarkt ist entscheidend, dass die Qualifikation Arbeitslo­ser mit den Bedürfnissen Arbeitskräfte suchender Betriebe abgestimmt wird. Dafür werden die Betreuungspläne eine wichtige Unterstützung bilden.

Diesen Montag haben wir in Niederösterreich den Beschäftigungspakt 2005 bis 2006 abgeschlossen. Auch in diesem haben wir Maßnahmen vereinbart, die den Anforde­rungen der Betriebe entsprechen. Für die Erholung des Arbeitsmarktes sind all diese Maßnahmen notwendig. Doch eines dürfen wir dabei nicht vergessen: Der Arbeits­markt ist konjunkturabhängig. Die Erholung der Konjunktur fällt nach den derzeitigen Analysen zwar schwächer aus als erwartet, doch gibt sie unseren Klein- und Mittelbe­trieben den nötigen Optimismus, und dieser Optimismus sichert Arbeitsplätze, und bei wachsender Konjunktur schaffen unsere Betriebe dann auch weitere Arbeitsplätze.

 


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