Bundesrat Stenographisches Protokoll 711. Sitzung / Seite 121

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Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth. Ich erteile ihr das Wort.

 


15.55

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Beschlussfassung über das 2. Sozialversicherungs-Ände­rungsgesetz erfolgt ziemlich spät, wenn man bedenkt, dass die Aufhebung über den Berechnungsmodus seitens des Verfassungsgerichtshofes gestern in Kraft getreten ist. Heute ist es ziemlich genau auf den Tag ein Jahr her, dass der Verfassungsgerichtshof festgestellt hat, dass die derzeitige Regelung gegen den Gleichheitsgrundsatz ver­stößt. – Irgendwie, Herr Bundesminister, scheint es aber geradezu eine Methode der Regierungsparteien zu sein, so wichtige Gesetzesänderungen immer erst in letzter Minute vorzulegen; Absicht will ich da gar nicht unterstellen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Jahre 2003 gab es immerhin 430 000 Menschen, die von diesem Gesetz betroffen waren, die meisten davon Frauen. Es ging dem Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis darum, die Versorgungsstandards zu sichern. – Dem wird unserer Meinung nach mit diesem Modell nicht Rechnung getra­gen!

Die SPÖ lehnt diesen Gesetzesvorschlag ab, und zwar aus zwei Gründen: Über die Höhe der Witwer- beziehungsweise Witwenpension entscheiden künftig ausschließ­lich die Einkommensverhältnisse der letzten zwei Jahre vor dem Tod. Dass damit eine dem zuletzt erworbenen Lebensstandard nahe kommende Versorgung gesichert ist, wie das der Verfassungsgerichtshof verlangt, kann in vielen Fällen bezweifelt werden. Die Pensionshöhe ist damit abhängig von den Zufälligkeiten, die in diesen beiden letz­ten Jahren da sind.

Wer die Situation der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Arbeits­markt kennt – darüber haben wir ja heute schon ausführlich diskutiert –, weiß, dass die Umstände nicht von den Betroffenen selbst beeinflusst werden können. Gerade ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind besonders oft von Arbeitslosigkeit, und zwar von länger dauernder Arbeitslosigkeit betroffen. Dazu kommt, dass die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension die Situation auch noch verschärft, denn viele ältere Frauen, die arbeitslos sind, stehen dann ohne jede öffentliche Unterstützung da, eben durch die Anrechnung des Partnereinkommens. Da stellt sich schon die Frage, wie die Sicherung des Lebensstandards dieser Frauen in Zukunft ausschauen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch das Justizministerium hat immerhin darauf hin­gewiesen, dass bei der Ausdehnung des Bemessungszeitraumes auf zwei Jahre die besten zwölf Monate berücksichtigt werden sollen, was leider nicht in dieses Gesetz eingeflossen ist.

Unverständlich ist auch, dass einerseits das Bruttoeinkommen als Berechnungsgrund­lage herangezogen werden soll, andererseits Nettoarbeitslosengeld, Nettoleistungen der Krankenversicherung und Leistungen aus der Unfallversicherung, die ja Schaden­ersatzleistungen sind und meiner Meinung nach sicher nicht als Einkommen gesehen werden können, während Pensionskassen nicht berücksichtigt werden. Diese Berech­nungsgrundlagen sind meiner Meinung nach ungeheuerlich, und deshalb sehen wir uns auch außerstande, einem in dieser Hinsicht derart ungerechten Gesetz zuzustim­men. (Beifall bei der SPÖ.)

Punkt 2 unserer Ablehnung betrifft die Ermittlung der Berechnungsgrundlagen. Derzeit ist es ja so, dass dafür die von der Versicherungsdatei des Hauptverbandes gespei­cherten Beitragsgrundlagen von Bedeutung sind. In Zukunft obliegt es der Witwe/dem Witwer, die neu heranzuziehenden Einkommensarten, die weitgehend nicht gespei-


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