Bundesrat Stenographisches Protokoll 712. Sitzung / Seite 32

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somit ihre Anträge einbringen können. Weiters gibt es den Versuch, nicht nur Geldleistungen zu bieten, sondern auch Naturalrestitution durchzuführen.

Meine Fraktion stimmt diesen Fristverlängerungen ohne Vorbehalt zu. Ich möchte aber hier von dieser Stelle aus im Namen meiner Fraktion einerseits Staatssekretär Dr. Steiner für seinen beispielhaften Einsatz bei der Abwicklung herzlich danken, andererseits auch einem, der heute zwar nicht da ist, aber aus meinem Bezirk, nämlich aus dem 1. Bezirk, kommt, Botschafter Dr. Schmid, der sich, soweit ich orientiert bin, vor allem mit dem Problem in Polen intensiv auseinander setzt. Ich darf aber auch allen anderen Fraktionen einen Dank aussprechen, denn durch die Einstimmigkeit, die vorgesehen ist, haben wir sichergestellt und ein Zeichen gesetzt, dass wir hinter dieser Aufarbeitung der Vergangenheit voll und ganz stehen.

Der Hass – und das kann man nicht oft genug betonen – ist eine fürchterliche Geißel der Menschheit, und dieser Hass, der sich durch Jahrtausende hingezogen hat, hat sich – das möchte ich ausdrücklich erwähnen – in Wien sehr deutlich im Jahre 1421 manifestiert, indem ungefähr 300 jüdische Männer in Erdberg umgebracht wurden. Als diese Botschaft dann in die Innere Stadt kam, hat dies zu einem Brand der Synagoge geführt, wobei Frauen und eine große Zahl an Kindern verbrannt sind.

Man hat einerseits versucht, an die Tat, die damals stattgefunden hat, im Nachhinein zu erinnern, anderseits auch, ich will nicht sagen: für ewige Zeiten, aber doch für die Zeit, die wir absehen können, durch entsprechende Gesten zu untermauern, dass so etwas nicht mehr passieren dürfen.

Es wurde daher Mitte der neunziger Jahre damit begonnen, das Mahnmal auf dem Judenplatz im 1. Bezirk zu errichten. Dort wurde von der englischen Bildhauerin Rachel Whiteread dieser rechteckige Körper aufgestellt: eine nach innen gekehrte Bibliothek, gleichzeitig wurde dieser Platz entsprechend würdig neu gestaltet. Um das Mahnmal herum sind die Namen der Vernichtungslager in den Boden eingesenkt. Damit wird einerseits der 65 000 ermordeten Juden gedacht, andererseits aber auch der anderen Opfer – man soll das etwas weiter sehen –: Minderheiten, Roma und Sinti.

Gleichzeitig wurde unterirdisch ein Museum errichtet. Auch das so genannte Mizrachi-Haus, das sich in einem lamentablen Zustand befunden hat, wurde entsprechend erneuert.

Das ist zweifelsohne ein Verdienst – sofern man in diesem Zusammenhang überhaupt von Verdienst sprechen kann – des Bürgermeisters Häupl, aber auch des Stadtrates Marboe, die das gegen verschiedenste Widerstände durchgesetzt und sich massiv dafür eingesetzt haben.

Eine weitere Geste ist vor kurzer Zeit gesetzt worden, und an dieser hat auch Herr Staatssekretär Dr. Steiner teilgenommen, nämlich die Unbenennung der Garten­bau­promenade in Theodor-Herzl-Platz. Wichtig ist, dass wir durch diese Taten, die über Parteigrenzen hinausgehen, immer wieder daran erinnern, dass so etwas nicht wieder geschehen darf.

Daher möchte ich mir im Namen meiner Fraktion erlauben, hier das Versprechen abzugeben, dass derartiger Hass, wie er von 1933 bis 1945 geherrscht hat, nie mehr auftritt, damit Sophokles’ Appell durch die Worte der Antigone „Nicht mitzuhassen, mitzulieben bin ich da!“ in all unsere Handlungen einfließt. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und den Grünen.)

10.11

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Giefing. – Bitte.

 


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