Bundesrat Stenographisches Protokoll 712. Sitzung / Seite 35

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aufrechten Funktionsdauer, also mit Ende dieses Jahres, bewirken kann. Die Frist dafür, das heißt für die erforderlichen Abwicklungstätigkeiten und Auflösungs­maß­nahmen, wird bis Ende des Jahres 2005 verlängert.

Klarzustellen ist, dass die Fristen für die Einreichung von Anträgen dadurch nicht erneut eröffnet werden. Bis zum 31. Dezember 2004 muss das Kuratorium des Versöhnungsfonds daher die Entscheidung über die Verwendung der dem Fonds ver­bleibenden Restmittel treffen.

Meine Fraktion wird aus all diesen Gründen beiden Vorlagen gerne zustimmen.

Wenn aus Anlass dieser Materie, die wir aus voller Überzeugung parteienübergreifend einstimmig verabschieden werden, von den Oppositionsparteien ein meines Erachtens damit in keinem echten Sachzusammenhang stehender Entschließungsantrag einge­bracht werden wird, so sage ich dazu vorweg Folgendes:

Einer angemessenen Ehrung von Oberstleutnant im Generalstab Robert Bernardis stimmen wir Freiheitlichen vorbehaltlos zu. Wir, das heißt alle Mitglieder meiner Fraktion, zollen der eigenverantwortlichen Entscheidung von Bernardis wie auch allen anderen hohen Offizieren des Widerstandes und des daraus resultierenden Attentats vom 20. Juli 1944 vollen Respekt und hohe Anerkennung, ist uns doch allen bekannt, in welch quälender Abwägung ihrer Gewissensgründe sie sich dabei befunden haben.

Ungeachtet all dieses Respekts müssen wir allerdings auch die biographischen Fakten akzeptieren: Oberstleutnant Bernardis wollte zweifellos das NS-Regime, dessen totalitären Charakter er voll erfasst hatte, und dessen Art der totalen Kriegsführung beseitigen.

Aber ebenso gewiss und historisch verbürgt ist, dass Bernardis – wie auch alle anderen Mitglieder der Widerstandsgruppe – für die Aufrechterhaltung des Groß­deutschen Reiches in seinem damaligen Umfang gekämpft hat, das heißt, keinesfalls für die Wiederherstellung der Republik Österreich eingetreten ist. Das entnehmen wir auch einer Anfragebeantwortung von Herrn Bundesminister Fasslabend, die in der entscheidenden Passage folgendermaßen lautet:

„Aber auch jede weitere wissenschaftliche Behandlung dieses Themas wird nicht übersehen können, daß Bernardis Verdienste als Offizier der Deutschen Wehrmacht im Widerstand gegen das NS-Regime bestehen und nicht auf eine Wiederherstellung der Republik Österreich gerichtet war. Dieser Umstand und die Tatsache, daß zwischen der Deutschen Wehrmacht und dem österreichischen Bundesheer keine Kontinuität besteht, haben die betreffenden Stellen nach einer eingehenden Beur­teilung seines Lebenslaufes dazu veranlaßt, in der Person Bernardis – bei aller Aner­kennung seines Wirkens im Widerstand der Deutschen Wehrmacht – keinen Ansatz für die Überlieferungspflege des Bundesheeres zu erkennen.“

Deshalb zollen wir Freiheitlichen – um es noch einmal zu betonen – Oberstleutnant Bernardis höchsten Respekt für seine Gewissensentscheidung, aber wir sehen in ihm keinen Vorkämpfer für die Erneuerung einer unabhängigen Republik Österreich. Deshalb werden wir zwar seiner Ehrung in Bezug auf seine Haltung im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, etwa im Sinne einer Ehrentafel, nicht aber einer Um­benennung einer Kaserne im Sinne einer österreichischen Traditionspflege unseres Bundesheeres zustimmen.

In voller parteienübergreifender Übereinstimmung über die heute zu beschließenden Gesetze zur Überwindung einer so dunklen wie traurigen Vergangenheit beende ich meine Ausführungen und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.25

 


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