Bundesrat Stenographisches Protokoll 712. Sitzung / Seite 120

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Meine Damen und Herren! Der Gedanke, historisch gewachsene und in vielen Bereichen völlig unterschiedliche Pensionssysteme unter einen Hut zu bringen, ist im Prinzip begrüßenswert und stellt eine große Aufgabe dar. Es ist schon klar, dass das nicht leicht ist. Ein Pensionssystem wie im öffentlichen Dienst, das von einem völlig anderen Grundgedanken ausgeht – auch wenn es dort relativ hohe Beiträge gibt –, ist nicht als Versicherung konstruiert, sondern da geht es um ein Alimentationssystem, das sagt, dass auch jener, der nicht mehr beruflich aktiv ist, wobei rein theoretisch auch die Möglichkeit bestünde, ihn wieder zur Dienstleistung einzuberufen ... (Bun­desrätin Bachner: Weil er nie in Pension ist!) Bitte? (Bundesrätin Bachner: Weil er nie in Pension ist!) –Ja, weil er nie in Pension ist; völlig richtig! Im öffentlichen Dienst ist das folgerichtig ein völlig anders konstruiertes Arbeitsverhältnis – einem völlig anders konstruierten Ruhestandsverhältnis, um keinen falschen Ausdruck zu verwenden.

Die verschiedenen Systeme unter einen Hut zu bringen, ist eine verdienstvolle Aufgabe, gerade in einer Situation – ich sage das ganz ehrlich –, in der eine Weiter­entwicklung zum Besseren nicht absehbar ist. Der Hintergedanke, den große Teile der Bevölkerung in vergangenen Jahrzehnten hatten – wir brauchen denen, die etwas anderes und in einem Punkt etwas Besseres haben, nicht neidig sein, denn, so wie das in Österreich ist: irgendwann bekommen wir es auch –, einfach keine realistische Option für die Mehrheit der Bevölkerung ist.

Um jetzt Kollegin Bachner anzusprechen: Gewerkschaftliche Kollektivvertragspolitik hat immer wieder Unterschiede zwischen Berufsgruppen produziert, und zwar durchaus bewusst produziert – nicht jedoch, um Privilegien zu schaffen, sondern um eine Bresche zu schlagen und zu sagen: In dieser – meist gewerkschaftlich gut organi­sierten – Gruppe haben wir das und das erreicht, und der nächste Schritt wird sein, diesen Fortschritt auch für andere Gruppen durchzusetzen! Und das hat ja in vielen Fällen funktioniert; in manchen Fällen hat es jedoch nicht funktioniert.

In einer Situation, in der wir eine substanzielle Ausweitung der Pensionsansprüche nicht erwarten können, ist es durchaus legitim, darüber nachzudenken: Auf welchem Niveau führen wir die Ansprüche zusammen, um eine als gerecht empfundene, halbwegs gleichartige Altersversorgung aller Berufsgruppen zu erzielen?

Nochmals: Gegen diese Aufgabenstellung gibt es keinen Einwand! Um so ent­täuschter sind wir jedoch, dass das, was dazu bisher von dieser Regierung zustande gebracht wurde, uns nun als ein Konzept für eine Pensionsharmonisierung zu präsentieren versucht wird. – Davon, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, kann wirklich keine Rede sein!

Wir haben es auf der einen Seite – ich sage das sehr direkt – mit der Landwirtschaft zu tun, die sich sicherlich, gar keine Frage, in einer schwierigen Situation befindet: Die Zahl der beruflich aktiven Landwirte ist im Verhältnis zu den Pensionisten eine relativ kleine, und ich verstehe schon, dass daher schwierige Finanzierungssituationen ent­stehen. (Ruf bei der ÖVP: Beim ASVG ist es das Gleiche!) – Wenn die land­wirtschaftliche Versicherung den Deckungsgrad des ASVG produzieren würde, dann hätten wir kein Problem, Herr Kollege! Bleiben Sie auf dem Boden der Tatsachen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Bachner: Dann hätten wir keine Probleme!)

Das Problem dadurch zu lösen, dass man auf der einen Seite, was sicherlich not­wendig ist, Beiträge erhöht, wird als „heroischer Akt“ präsentiert; Herr Minister Pröll hat ja darüber gestern sehr ausführlich im Fernsehen gesprochen. Wenn dieser „heroische Akt“ darin bestanden hätte, dass die Beiträge in der landwirtschaftlichen Versicherung auf ASVG-Niveau erhöht würden, dann würde ich den Hut ziehen!, aber: Ein bisschen etwas drauflegen und ansonsten eine massive Bundessubvention zu bekommen, ... (Ruf bei der ÖVP: Wer zahlt den Pensionsbeitrag für die Arbeitslosen? Das macht viel


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