Bundesrat Stenographisches Protokoll 713. Sitzung / Seite 35

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Ländern übergeben wurde, auch mit der – füge ich als Ländervertreter natürlich leise hinzu – nötigen finanziellen Ausstattung.

Zur Arbeit an der österreichischen Verfassung in diesem Konvent darf ich eines vor­ausschicken und eines in Erinnerung rufen, denn dies scheint mir in manchen Diskus­sionsbeiträgen etwas verloren zu gehen. Die österreichische Bundesverfassung sieht vor, dass Österreich ein Bundesstaat ist.

Dies heißt, dass man davon ausgeht, dass es eine relativ autonome Landesverfas­sungsgesetzgebung gibt, dass es eine relativ autonome Landesverwaltung gibt, dass die Mitwirkung der Länder an der Gesetzgebung des Bundes durch den Bundesrat gewährleistet ist und dass die Mitwirkung der Länder an der Verwaltung des Bundes im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung gegeben ist. Sollte es diesbezüglich am Ende des Tages Änderungen geben, so bin ich der tiefen Überzeugung – und mit mir alle Kolleginnen und Kollegen Landeshauptleute –, dass dies eine Gesamtänderung der Bundesverfassung darstellen würde, die eine obligatorische Volksabstimmung nach sich zu ziehen hätte. Ich weise darauf auch deshalb hin, weil ich der tiefen Über­zeugung bin – und zwar der tiefen föderalistischen Überzeugung –, dass an diesen Grundprinzipien der österreichischen Verfassung nicht gerüttelt werden soll.

In Zeiten eines größeren Europa erachtet es die gesamte Landeshauptleutekonferenz als geboten, die österreichische Bundesstaatlichkeit – allerdings auch in einem moder­nen Föderalismus – weiterzuentwickeln. Es gibt eine Reihe von wissenschaftlich abge­sicherten Erkenntnissen, die besagen, dass bürgernah organisierte Einheiten effizien­ter arbeiten als zentralisierte Apparate. Eine moderne Staatsorganisation sollte daher auch diesen Erkenntnissen entsprechen, wobei stets angeführt werden muss, dass dann, wenn die Länder zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger neue Aufgaben über­nehmen, auch für eine entsprechende finanzielle Absicherung dieser Aufgabenüber­nahme gesorgt werden muss.

Der Österreich-Konvent wurde auf einer Basis einer Vier-Parteien-Einigung ins Leben gerufen, und dessen Ziel ist es, eine moderne, transparente, bürgernahe und kosten­günstige Verfassung zu erarbeiten, wobei – ich betone dies noch einmal – an den Grundprinzipien der bestehenden österreichischen Bundesverfassung, und zwar ge­rade an jenem, das den Föderalismus und die föderalistische Organisation unseres Staates betrifft, festgehalten werden soll.

Aus der Sicht der Länder erscheinen daher folgende Punkte von besonderer Bedeu­tung:

Erstens: Stärkung der Verfassungsautonomie der Länder.

Ziel muss es sein, dass in Hinkunft dem Landesverfassungsgesetzgeber nur verboten sein soll, eine Regelung zu erlassen, die der Bundesverfassung widerspricht. In den übrigen Bereichen soll der Landesverfassungsgesetzgeber autonom agieren können. So soll den Ländern zukünftig jedenfalls mehr Spielraum bei landesgesetzlichen Wahl­rechtsregelungen eingeräumt werden.

Zweitens: Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern.

Positiv sehe ich in den Beratungen des Ausschusses V des Österreich-Konvents die Entwicklung dahin gehend, dass es in Hinkunft abgerundete Kompetenzfelder geben wird und dass die derzeit bestehenden unzähligen, viel zu detaillierten Kompetenztat­bestände zu diesen breiten Kompetenzfeldern zusammengefasst werden.

Des Weiteren begrüße ich den Gedanken des so genannten Drei-Säulen-Modells: die erste Säule: die ausschließliche Zuständigkeit des Bundes, die zweite Säule: die aus-


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