Bundesrat Stenographisches Protokoll 713. Sitzung / Seite 40

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Kompetenzfelder und so weiter in gewissem Maße zu bestimmen. Der Österreich-Kon­vent ist aber etwas breiter angelegt. Dass der Österreich-Konvent eingerichtet wurde, wird von meiner Fraktion in jeder Hinsicht unterstützt, weil eine Verfassung, die über 80 Jahre alt ist und die im Großen und Ganzen im Jahre 1929 eine gewisse General­überholung erhalten hat und seither höchstens mit zusätzlichen Verfassungsbestim­mungen angereichert worden ist, einer Neukonzeption in jeder Richtung bedarf. Dass, wenn der Konvent zu einem Ergebnis kommt – hoffentlich zu einem zufrieden stellen­den Ergebnis –, dieses dann einer Volksabstimmung zu unterziehen ist, ist für jeden Verfassungsjuristen, aber auch für jeden Politiker, wie ich meine, klar. Eine solche hat stattzufinden.

Nun ein wenig ins Detail. – Sie haben von den autonomen Ländern gesprochen. Österreich ist ein Bundesstaat. Im Großen und Ganzen hat sich diese Konstruktion bewährt, aber sie hat natürlich in 84 Jahren einiges – sagen wir es ganz brutal – an Verkalkung angesetzt. Und da muss einfach der Kalk hinaus, wie es früher in einer bekannten Waschmaschinen-Werbung hieß.

Sie haben davon gesprochen, dass die Länder gerne neue Aufgaben übernehmen wollen. Wenn neue Aufgaben übernommen werden sollen, ist meines Erachtens die Grundsatzfrage zu stellen, ob das vom wirtschaftlichen Standpunkt und vom Effizienz-Standpunkt her vernünftig ist, denn – und diese Dimension, Herr Bürgermeister, habe ich ausgesprochen vermisst, nämlich, dass Sie in irgendeiner Weise auf die euro­päische Ebene eingegangen wären – seit 1995 ist Europa für uns Gegenwart in jeder Richtung geworden, und da ist Brüssel mit all seinen Einrichtungen auf jeden Fall zu berücksichtigen.

Ein weiteres Wort, das meiner Ansicht nach sehr wichtig wäre, hat in Ihren Ausfüh­rungen gefehlt, nämlich das Wort Subsidiarität, dass die Dinge dort geregelt werden sollen, wo sie am vernünftigsten anzusiedeln sind.

Wenn ich die Gesetzeslandschaft in Österreich betrachte, muss ich zum Beispiel in den Bereichen Fischereigesetz, Jagdgesetz, Bauordnung feststellen, dass diesbezüg­lich in jedem Bundesland Regelungen bestehen, die durchaus unterschiedlich sind. Daher ist da die Frage nach der Sinnhaftigkeit auf jeden Fall zu stellen.

Sie haben dann vom Drei-Säulen-Modell gesprochen – vom theoretischen Ansatz her sehr gut, nur darf man eines nicht aus den Augen verlieren: Es darf nicht zu einer Blockierung der einzelnen Säulen kommen.

Und weil Sie von Konsens gesprochen haben: Meinten Sie damit die Einstimmigkeit, oder ist es doch möglich, wie in der Demokratie üblich, mit Mehrheitsentscheidungen zu einer Lösung zu kommen? Wenn nämlich der absolute Konsens verlangt wird, dann wissen wir eines ganz genau: dass immer der kleinste gemeinsame Nenner Realität wird. Und ob das immer die beste Lösung ist, ist die große Frage.

Selbstverständlich haben wir mit Wohlgefallen zur Kenntnis genommen, dass Sie bezüglich des Bundesrates einige Ideen entwickelt haben. Diese möchte ich aber auch als Jurist lieber schriftlich sehen, um sie dann einer Beurteilung zuzuführen, aber zu­mindest sind sie einmal auf dem Tisch, und das ist durchaus positiv zu sehen.

Ich bin aber auch Kommunalpolitiker – im 1. Bezirk, wie Sie wissen, Herr Landeshaupt­mann –, und ich hätte doch auch ganz gerne, dass die Subsidiarität in den Wiener Bezirken ein bisschen Platz greifen würde, zum Beispiel, dass die Mitwirkungs- und Anhörungsrechte, die in der Stadtverfassung enthalten sind, zumindest teilweise in echte Entscheidungsrechte umgewandelt werden. Das Weisungsrecht eines Bezirks­vorstehers in bestimmten Angelegenheiten wäre sicher auch sinnvoll, nicht dass man durch komplizierte Verwaltungswege zu einer Entscheidung kommen muss, die im


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