Bundesrat Stenographisches Protokoll 713. Sitzung / Seite 46

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Finanzen der Beelzebub –, das halte ich für etwas zu einfach. Und vielleicht sagen Sie mir ja nachher: Jawohl, Gudenus, Sie haben Recht, das wollen wir in der Zukunft haben! Wir wollen sowohl den Vorteil als auch natürlich den Nachteil der eigenen Finanzhoheit haben. – Dass sie nicht nur Vorteile bringt, ist klar.

Ich habe in der gestrigen Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ im Wirt­schaftsteil einen Beitrag von Carsten Schneider – er ist stellvertretender haushaltspoli­tischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion – gelesen. Ich lese nur den Titel vor – der Artikel ist interessant genug –: „Wir brauchen ein Verschuldungsverbot in der Ver­fassung und ein Vetorecht für den Finanzminister.“ – Das sagt er, als SPD-ler. Ob Sie das für einen ÖVP-Bundesminister für Finanzen auch so fordern würden, ist eine Frage, aber nehmen wir es einmal intellektuell redlich: Warum auch nicht? Aber dann stimmt das auch für die „Landesfinanzminister“, also die Landesräte. Die müssten ebenso kraft ihres Amtes ein Verbot der Verschuldung aussprechen können.

Wir wissen, dass die Finanzierung das Wichtigste ist in Bezug auf die Frage, wie ein Land gesteuert wird. Aber es ist nicht nur der Finanzausgleich, der dabei zu bedenken ist, Herr Landeshauptmann.

Die heurigen massiven Budgetkürzungen des Landes Wien reichen nicht mehr aus, eine Neuverschuldung zu verhindern. Ab 2004 muss sich die Stadt erstmals wieder neu verschulden. Das Jahr 2004 markiert somit eine negative Trendwende in der stadt­eigenen Budgetpolitik.

Die stark steigenden Kosten der Wiener Sozialhilfe werden bereits auf dem Kreditwege finanziert. (Bundesrätin Bachner: Und? Warum sind die da?) Die Kostenexplosion im Sozial- und Gesundheitswesen der Stadt musste nämlich durch Kürzungen bei beson­ders beschäftigungswirksamen Ausgaben kompensiert werden. Der Rechnungsab­schluss 2003 zeigt, dass das Wiener Budget durch die Kostenexplosion im Sozial- und Gesundheitswesen seine Funktion im Bereich der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik überhaupt nicht mehr erfüllen kann. Wien hat sich daher auch bei der Wirtschafts­dynamik in den letzten Jahren zum österreichischen Schlusslicht entwickelt.

Der Bund finanziert auch zunehmend die kommunale Infrastruktur in Wien. Seit der Er­weiterung der Zweckbindung der Wohnbauförderungsmittel werden nämlich Mittel aus dem Zweckzuschuss des Bundes für die Finanzierung der Infrastruktur in Wien umge­leitet. (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Konecny.) 2003 wurden durch diese Umwidmung städtische Investitionen im Volumen von 140 Millionen € direkt vom Bund finanziert.

Ich stimme Ihnen zu, lieber Herr Kollege Professor Konecny: Das ist gut. Aber ist es in unserem Sinne, dass man Budgetmittel anders verwendet, als vielleicht vorgesehen?

Die Budgetpolitik der Stadt hat die Abschwungtendenzen der Wirtschaft noch zusätz­lich verstärkt. Die Schlusslichtposition der Wiener Wirtschaft ist daher durch die fal­sche, prozyklische Wirtschaftspolitik in Wien hausgemacht worden. Das ist ein Fehler, der von vielen Finanzministern und Finanzlandesräten gemacht wird, aber er muss auch hier erwähnt werden. Es wird nicht besser, wenn alle einen Fehler machen.

Die Stadtregierung hat das Volumen der Förderung für die Wiener Klein- und Mittel­betriebe seit ihrem Amtsantritt um 10 Millionen € gekürzt.

Tatsächlich wurden im Budgetvollzug nur 5,5 Millionen ausgegeben: 20 Millionen für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen der Stadt fielen dem Rotstift zum Opfer.

Herr Bürgermeister! Sie erwähnten auch die Spitalsfinanzierung. – Die Finanzierung des Wiener Gesundheitssystems ist nicht mehr gesichert! Durch das geltende Finan­zierungsübereinkommen werden die Spitäler der Stadt kaputtgespart. Der Krankenan-


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