Bundesrat Kraft seiner Funktion eine besondere Rolle spielen sollte, das scheint mir ein zwischen den Fraktionen dieses Hauses konsensfähiger Vorschlag, wenn wir letztendlich einmal darüber abzustimmen haben werden.
Im Kontext der Finanzausgleichsverhandlungen ist aber auch noch dazuzusagen: Es kann nicht so sein, dass es einen Finanzausgleich gibt, wie immer der jetzt auch in der Bundesverfassung ordentlich untergebracht wird, und dann kleinweise die Kompetenzen hinüber zu den Gemeinden wandern, ohne dass es eine entsprechende Abgeltung gibt. Das Passwesen ist ein Beispiel. Ich bestreite überhaupt nicht, dass das dort wahrscheinlich besser aufgehoben ist. Das ist überhaupt keine Frage. In Wien funktioniert das bei der Gemeinde um einiges besser, als es vorher auf den Bezirkspolizeikommissariaten, die es ja auch inzwischen zum Teil nicht mehr gibt, funktioniert hat. Und wenn es sie nicht mehr gibt, wäre es ja noch schwieriger geworden.
Natürlich bedeutet das einen Aufwand, natürlich – wer hat das gesagt? – bedeutet das Verwaltung, auch wenn es eine Verwaltung ist, die eine Dienstleistung für den Bürger erbringt. Die Abgeltung dieser Kosten ist mitzureichen, wenn die Aufgabe übertragen wird. Ich kann auch nicht jemanden um eine Wurstsemmel schicken, ohne ihn mit dem entsprechenden Geldbetrag auszustatten oder es ihm zumindest nachher zu geben.
Sehen Sie, dieses Grundprinzip des Föderalismus, dass man nicht einen Baustein verändern kann ohne auch die Kassa zu verändern, den müssen wir im Interesse des Ganzen verteidigen. Es mag ja nun sein, dass bei manchen der Vertreter der Regierungsparteien hier quasi in Befolgung des alten marxistischen Lehrsatzes, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt, in den letzten vier Jahren eine starke zentralistische Orientierung Platz gegriffen hat. Die Sozialdemokraten sind die einzige Fraktion in diesem Haus, die Vertreter aus allen Bundesländern umfasst. (Beifall bei der SPÖ.) Wir haben halt für den Föderalismus um ein Neuntel mehr Verständnis, und wir werden sehr gründlich darauf achten. (Bundesrat Ing. Kampl: Das weise ich zurück!) – Gut, dann weisen Sie es zurück! Das ist nicht das, was uns wirklich kränkt.
Wir sehen uns als die Vertreter eines Ganzen, in dem es natürlich eine Fülle von Interessenkonflikten gibt. Kollege Schennach hat sich hier auch ein bisschen zum Lobbyisten gemacht. Dagegen ist nichts zu sagen. Wir vertreten alle Interessen. Es geht um einen vernünftigen Interessenausgleich im Rahmen eines Systems, das auch dazu zwingt. Das ist der Sinn des Konvents, und das ist der Sinn eines Finanzausgleichs, der nicht par ordre du mufti vom Finanzminister deklariert werden kann.
Ich nehme mir an meinen Vorrednern insofern ein Beispiel, als ich in Befolgung eines alten Ratschlags von Kurt Tucholsky ankündige, dass ich jetzt zum Schluss komme. Kurt Tucholsky hat schon gesagt – der Text heißt: „Ratschläge für einen schlechten Redner“, ich zitiere daraus –: „Kündige den Schluß deiner Rede lange vorher an, damit die Hörer vor Freude nicht einen Schlaganfall bekommen.“ – Es geht bei den nächsten Schritten, also bei den Verhandlungen über den Finanzausgleich und dann eben bei der Verfassungsabschlussdebatte, um ein kohärentes System einer lebensfähigen Republik, die auch dann zusammenhält, wenn wir in den konkreten Fragen Interessengegensätze haben.
Wir haben sie, und wir sollen sie
austragen. Das ist das Wesenselement der Demokratie. Wir sollten aber nicht
mutwillig durch Finanzentzug oder durch Mundtotmachen die
Argumentationsgrundlage oder die Handlungsgrundlage des anderen untergraben. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
12.35
Präsidentin Anna Elisabeth
Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat
Ing. Kampl. – Bitte.
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