Bundesrat Stenographisches Protokoll 713. Sitzung / Seite 62

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12.35

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsi­dent! Hoch geschätzter Herr Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! In der Zeit, in der wir hier polemisieren – und das muss ich gerade in Richtung meines Kollegen Konecny sagen, denn entweder wird alles schlecht gemacht oder man weiß alles um so und so viel besser –, wandern in Österreich 150 Menschen aus dem ländlichen Bereich ab. Sie wandern aber nicht ab, weil es ihnen dort nicht gefällt, sondern sie wandern ab, weil wir nicht in der Lage sind, einen echten Finanzausgleich herbeizuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Herr Bürgermeister! Als Mitglied des Österreich-Konvents verstehe ich schon, dass man umfassende Möglichkeiten zur Verbesserung anpeilen kann, die aber wahrschein­lich nicht durchgehen werden. Mir gefällt, dass das Drei-Säulen-Modell – Bund, Länder und Gesetzgebung – immer stärker in den Mittelpunkt rückt. Das würden wir einfach brauchen, um die Zukunft bewältigen zu können. Vielleicht sollten wir aber auch immer daran denken, was uns mit dem Beitritt zur EU vorgegeben ist. Damit haben wir eine andere Situation. Für große Teile der Gesetzgebung sind ja nicht mehr wir in Bund, Ländern oder Gemeinden kompetent, sondern man hat sie uns abgenommen. Ob gut oder schlecht – vieles werden wir erst im Laufe der Zeit erfahren.

Herr Bürgermeister! Eine Zahl hat man heute eigentlich noch gar nicht gehört: Wir reden von 62,1 Milliarden Schilling. Über dieses Budgetvolumen reden wir in Öster­reich. Ich sage das nur, weil es Faktum ist, nur zur Aufklärung; es soll kein Vorwurf sein: Wien hat 1,8 Millionen Menschen und bekommt 8 Prozent aus diesem Topf. Die übrigen österreichischen Gemeinden, 6,2 Millionen Menschen, haben 10 Prozent. Der Bund behält sich 35,2 Prozent vor und die Länder 13 Prozent. Ich will damit nur sagen, dass wir sehr wohl wissen sollten, wo die Probleme sind.

Und nun zu Ihnen, Herr Bürgermeister! Wir sind stolz auf Wien! (Allgemeiner Beifall.) Wien genießt weltweit hohe Anerkennung. Die Bürger von Österreich, die Bürger von Wien haben große Leistungen erbracht, einen hohen Lebensstandard erreicht, um den uns viele, viele in der Welt beneiden. Wir liegen international im Spitzenfeld. Aber in Österreich gibt es neben Wien, Herr Bürgermeister, noch über 2 300 Gemeinden. Und bei diesen 2 300 Gemeinden beginnt bereits das Problem. Man hat uns die Getränke­steuer genommen, man hat uns die Kommunalsteuer genommen. Ich spreche hier für die ländlichen Gebiete, die nicht ausreichend Arbeitsplätze anbieten können.

Herr Bürgermeister, das Problem des abgestuften Bevölkerungsschlüssels besteht seit 1948. Es war berechtigt nach dem Krieg, Wien wesentlich mehr zu geben, denn es war ausgebombt und seine Infrastruktur total zerstört. Dafür haben ja alle Verständnis gehabt. Aber inzwischen sind 60 Jahre seit dem Zweiten Weltkrieg vergangen. In­zwischen ist überall alles in Ordnung, und so meine ich, dass wir schön langsam zu einer gerechten Lösung für Österreich kommen sollten. Diese gerechte Lösung kann nur sein, dass jeder in Österreich, ganz gleich, wo er wohnt, ob in Wien, in Bregenz, in Lustenau oder unten bei den Karawanken oder am Neusiedler See, auch gleich viel wert sein muss. Und das, Herr Bürgermeister von Wien und Obmann des Österreichi­schen Städtebundes, vermisse ich ein bisschen.

So haben wir immer den Krieg zwischen Gemeindebund und Städtebund. Der Städte­bund ist wesentlich stärker, und wir als Gemeindebund – ich bin auch Mitglied des Ge­meindebundes – haben natürlich unsere Probleme. Wir kommen mit unseren Fakten, mit unserer Überzeugung einfach nicht durch.

Ich verstehe schon, dass wir gemeinsam mehr Geld brauchen würden, aber zuerst, Herr Obmann des Städtebundes, Herr Wiener Landeshauptmann, Herr Wiener Bürger-


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