Bundesrat Stenographisches Protokoll 714. Sitzung / Seite 50

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Berufsgruppen, denen ich mich persönlich wie fachlich eng verbunden fühle, durchaus. Dessen ungeachtet bedauere ich es jedoch umso mehr, dass das ehrliche Bemühen der neuen Ressortchefin um eine absehbare – natürlich nicht von heute auf morgen zu erreichende und unmittelbar wirksam werdende – Verbesserung der so angespannten Personal- und Belastungssituation nicht mehr gewürdigt worden ist. Immerhin hat sie in diesem Bereich über 11 Prozent an Budgetsteigerung erwirkt! Ich kann nicht anneh­men – und will es im Blick auf die betroffene Berufsgruppe schon gar nicht unter­stellen –, dass dies etwa auf die politische Verantwortlichkeit einer von den Regie­rungsparteien – hier konkret: von den Freiheitlichen – gestellten Justizministerin zurückzuführen ist.

Auch muss man leider sagen – auch das ist heute schon kritisch angesprochen worden, und ich wiederhole es; es wird uns auch im Zusammenhang mit dem insoweit durchaus kritischen Tätigkeitsbereicht der Volksanwaltschaft noch beschäftigen –, dass es in der Justiz auch Schwachstellen gibt, die nicht allein auf diese Ressourcen­knappheit zurückzuführen sind, und zwar bedauerlicherweise insbesondere im Bereich des Zivilverfahrens, und da vorrangig im Bereich des Außerstreitverfahrens, auch im Zusammenhang etwa mit Sorgerechtsstreitigkeiten, Besuchsrechtsregelungen, ja sogar im erbrechtlichen Verfahren.

Und da muss man schon eines sagen: Es ist ja nicht der Durchschnittsbürger, der mit dem Zivilprozess zu tun hat; das sind ja nur professionell Tätige oder zwangsläufig von Konflikten aus der Wirtschaft Betroffene. Der Durchschnittsbürger ist nicht in den Zivilprozess verwickelt. Wohl aber ist jeder Durchschnittsbürger mit dem Verfahren in Außerstreitsachen befasst, und das ist daher die Visitenkarte der Justiz. Wenn es da nicht funktioniert, dann führt das zu einem großen Vertrauensschaden in der Bevölkerung.

Aber lassen Sie mich von tages- und standespolitische Querelen absehen und zu wirklich zukunftsweisenden Themen übergehen. Was bereits Bundesminister Böhm­dorfer zielführend eingeleitet hat, führt und entwickelt Frau Bundesministerin Mik­lautsch Erfolg versprechend weiter. Unsere Mitwirkung auf dem Gebiete des Aufbaus eines dem heutigen europäischen Standard entsprechenden rechtsstaatlichen Justiz­systems in den so genannten Reform- und Transformationsstaaten Ost- und Südosteuropas kann meines Erachtens sowohl vom Sachanliegen als auch von der Qualität her im Hinblick auf unsere politisch-kulturellen Beziehungen zu diesen historisch mehr oder weniger verwandten unmittelbaren oder mittelbaren Nachbar­staaten nicht hoch genug eingeschätzt und veranschlagt werden.

In diesem Sinne begrüßen wir alle – ich glaube, nicht nur wir Freiheitlichen –, dass unser Justizressort um eine den viel beschworenen europäischen Werten, insbeson­dere den Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention entsprechende und verpflichtete Fortentwicklung des Strafrechtssystems, des Straf- und des Maßnahmen­vollzugs bis hin zum Gefängniswesen, natürlich auch in der Gerichtsorganisation und auch bis ins Grundbuchwesen hinein, auch in diesen Staaten bemüht und dies­bezüglich höchst engagiert ist. Diese „Justizaußenpolitik“ – wenn ich es so formulieren darf – im Sinne einer wohlverstandenen Entwicklungszusammenarbeit steht uns auf Grund der historischen Perspektiven und der aktuellen politischen Verbindungen besonders gut an.

Meine Fraktion begrüßt sie vorbehaltlos und unterstützt die Frau Bundesministerin dabei entschieden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir wünschen ihr daher für ihre Vorhaben und nicht zuletzt auch zugunsten einer Verbesserung des Opferschutzes, der Gleichbehandlung, des Kinderschutzes und auch der internen Sicherheits­verhält-


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