Bundesrat Stenographisches Protokoll 714. Sitzung / Seite 80

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Ich bedauere, dass der Herr Bundeskanzler zur Änderung der Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof gemeint hat, dass diese den Bemühungen um mehr Kostenwahrheit und mehr Kostenbewusstsein zuwiderlaufen würde. Da frage ich mich schon: Warum kann ein rechtsuchender Bürger Verfahrenshilfe beim Verfassungs­gerichtshof in Anspruch nehmen, aber nicht beim Verwaltungsgerichtshof? 

Damit kommen wir wieder einmal, Herr Kollege Böhm, zur Diskussion der Frage, die wir heute Vormittag schon behandelt haben, nämlich: Wie geht es rechtsuchenden mittellosen Bürgern und Bürgerinnen, wenn quasi der Rechtsschutz, der gleiche Zugang zum Recht verhindert oder wesentlich erschwert wird?

Der zweite Punkt betrifft den Anspruch von Zeugen auf Ersatz ihrer Aufwendungen. – Auch da wieder: Bei Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten hat man – egal, ob als Zeuge oder als Beteiligter – Anspruch auf Gebühren, vor anderen Ver­waltungsbehörden jedoch nicht. Was das Verbrechensopfergesetz betrifft, so haben wir das heute schon diskutiert.

Was mich noch besonders interessieren würde, ist jener Punkt, den Sie in Ihrem Bericht ausführen und der heißt: „Säumigkeit des Gesetzgebers bei der Umsetzung der Rassismus- und der Beschäftigungsrichtlinie“. – Zu diesem Punkt würden mich doch ein paar Worte mehr seitens der Volksanwälte interessieren, also was hier Ihre Wahr­nehmungen im Speziellen sind und auch Ihre Anregungen an den Gesetzgeber bei der Umsetzung jener Richtlinie.

Ich danke Ihnen, und ich danke der Frau Volksanwältin und den Herren Volksanwälten für ihre Tätigkeit. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.40

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Vize­präsident Weiss. – Bitte.

 


13.41

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Volksanwälte! Hohes Haus! Die bisherige Diskussion war von großem Respekt vor dem Arbeitspensum der drei Mitglieder der Volksanwaltschaft geprägt. Das kann man sonst nicht von allen Diskussionsbeiträgen behaupten.

Die Zahl der, wie es schön formuliert ist, „Anbringen“ an die Volksanwaltschaft ist im letzten Jahr auf fast 16 000 gestiegen. Das ist gegenüber dem Vorjahr eine neuerliche signifikante Steigerung. Bemerkenswert ist allerdings, dass sich in fünfeinhalbtausend Fällen die Volksanwaltschaft als unzuständig ansehen musste, das heißt, in mehr als einem Drittel der Fälle. Wenn wir einen Blick auf die im Jahre 2003 abgeschlossenen rund 7 000 Prüfungsverfahren werfen, dann sehen wir, dass nahezu 3 000 davon aus formalen Gründen ausgeschieden werden konnten oder mussten – je nach Grund –, weil entweder die Volksanwaltschaft unzuständig war, weil das Anbringen unzulässig war, weil es zurückgezogen wurde, offenkundig nach entsprechender Beratung durch die Mitglieder der Volksanwaltschaft, oder weil es von vornherein zur Behandlung nicht geeignet war.

Rund 3 300 Beschwerden waren nicht berechtigt, sie führten zu keiner Beanstandung. In 758 Fällen kam es zu einer Beanstandung, in 21 Fällen zu einer Missstands­emp­fehlung oder Verordnungsanfechtung, also das schwerere Kaliber der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Das heißt, mit diesen 758 Fällen haben wir bei den Prü­fungsverfahren nur eine Trefferquote von rund 11 Prozent.

In neun von zehn Fällen war auf Grund des Prüfungsverfahrens also nichts zu veran­lassen! Das ist kein schlechtes Zeugnis für die österreichische Verwaltung, einschließ­lich jener der Länder und Gemeinden. Das muss man auch einmal sagen, bei aller


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