Bundesrat Stenographisches Protokoll 714. Sitzung / Seite 81

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Berechtigung der Kritik, die von der Volksanwaltschaft im Interesse der Bürger geübt wird.

Diese Zahlen stellen letztlich aber auch eine Analyse dar, die ein bisschen nachdenk­lich stimmt. Die Volksanwaltschaft ist offenbar für viele Bürger eine Art Klagemauer in der ersten Reaktion der Unzufriedenheit mit einer behördlichen Erledigung oder auch bei Auseinandersetzungen in Nachbarschaftsverfahren und dergleichen mehr. Das hat sozusagen eine psychohygienische Funktion, die die Volksanwaltschaft da ausübt. Insoweit ist der Begriff des „Anbringens“ durchaus gerechtfertigt. Das ist eine Institution, bei der die Bürger etwas „anbringen“ können.

Sie ist eine von mehreren solchen Institutionen. Wir alle sind selber auch solche Stellen, bei der die Leute etwas „anbringen“. Aber es ist gut, dass das auf viele Schul­tern verteilt ist. Das Destillat – sozusagen – von rund 11 Prozent ist jedoch von einer derartigen Bedeutung, dass der Aufwand für die notwendigerweise zu registrierenden Leerfahrten in Kauf genommen werden muss.

Kollege Wiesenegg hat schon darauf hingewiesen: Der Bericht zeigt auch auf, dass es durch den in Tirol und Vorarlberg bestehenden Landesvolksanwalt zu einer Entlastung der Volksanwaltschaft im Bereich der Gemeinde- und Landesverwaltung kommt, ohne dass das, das sage ich jetzt dazu, den beiden Ländern im Finanzausgleich angerech­net würde. Aber das nur nebenher.

Als Zweitwohnsitz-Wiener muss ich allerdings die Verwaltung des Landes in Wien etwas in Schutz nehmen, weil die Statistik, auf die sich Kollege Wiesenegg bezogen hat, natürlich schon etwas trügt, es ist nämlich auch eine Fußnote zu sehen: Bei Vor­arl­berg und Tirol betrifft das nur die Bundesverwaltung, in den anderen Ländern hingegen betrifft es auch die Landes- und Gemeindeverwaltung. Also insofern würde man Äpfel mit Birnen vergleichen und den anderen Bundesländern etwas Unrecht tun.

Der Bericht weist darauf hin, dass es schon viele Kontakte im Wege des Internet gibt, fast 2 000 Mal pro Tag wird die Homepage der Volksanwaltschaft aufgerufen. Es wäre vielleicht auch nicht uninteressant, zu dokumentieren, in welchem Maße Bürger von der Möglichkeit Gebrauch machen, nicht nur etwas zu lesen, sondern der Volks­anwaltschaft im Wege des Internet auch etwas mitzuteilen, und zwar mit dem ange­botenen Online-Formular oder indem sie ein E-Mail schicken.

Die Volksanwaltschaft verhilft – und der Bericht dokumentiert das ganz gut – den Bürgern in vielen Einzelfällen zu ihrem subjektiven Recht. In gar nicht wenigen Fällen kommt das Einschreiten der Volksanwaltschaft aber auch ganz großen Gruppen zugute. Das ist für die Zukunft außerordentlich wichtig.

Ich nenne nur ein kleines Beispiel: die Besteuerung von Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Mitarbeiter sozialer Vereine. Die Volksanwaltschaft hat erreicht, dass das Bundesministerium für Finanzen solche Aufwandsentschädigungen, etwa Reise­auslagen oder Telefongebühren und dergleichen mehr, in einem angemessenen Rah­men nicht mehr als steuerpflichtig ansieht. Das ist ein Ergebnis, das wirklich sehr vielen engagierten Leuten zugute kommt.

Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass die Volksanwaltschaft in dankenswerter Weise auch Vorschläge für ihre eigene weitere Entwicklung, nicht nur für das Gesetz­gebungsverfahren, vorgelegt hat. Ein wichtiger Bereich, auch dieser wurde schon erwähnt, betrifft die Möglichkeit, mit Fristsetzungsanträgen gegen überlange Verfah­rens­dauer bei Gericht vorzugehen. Hier gibt es – und da stimme ich allen Vorrednern zu – tatsächlich in einem zu hohen Maße gravierende Missstände durch organisato­rische Mängel oder Nachlässigkeit einzelner Personen, bei denen die internen Kontroll­mechanismen der Justiz offenkundig ins Leere laufen.

 


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