Bundesrat Stenographisches Protokoll 714. Sitzung / Seite 93

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Nun frage ich Sie: Wo ist hier das Gebot, das sich aus dem Gesetz ergibt, nämlich das Kindeswohl als oberste Priorität zu reihen – nicht die Interessen einer Mutter oder eines Vaters, sondern ausschließlich das Kindeswohl! –, erfüllt? Das ist der Gesetzes­auftrag an die Organe, die damit befasst sind, insbesondere an das Pflegschafts­gericht. Wo ist dies erfüllt? – Es ist nicht erfüllt.

Meine Damen und Herren! Es hat uns der Herr Bundesminister für Justiz Dr. Böhm­dorfer seinerzeit noch mitgeteilt, er werde Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung, wie er hofft, bis Jahresende, das heißt bis Ende dieses Jahres, dem Parlament vorle­gen können. Davon ist mir jedenfalls nichts bekannt. Ich habe in der Zwischenzeit allerdings die Vorschläge der Richtervereinigung und der Bundessektion der Staats­anwälte in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst auf den Tisch bekommen, wo man jetzt versucht, den Wunsch der Volksanwaltschaft, einen Fristsetzungsantrag stellen zu können, dadurch zu konterkarieren, dass der Gerichtsvorsteher diesen Antrag stellen können soll. Das ist auf Seite 3 dieser Stellungnahme nachzulesen.

Auf Seite 6, das heißt drei Seiten weiter, beklagt aber die gleiche Richtervereinigung, dass der Personalnotstand bei Gerichten so stark sei, dass man überhaupt keine Kontrolltätigkeiten mehr ausüben kann. – Verstehen Sie, meine Damen und Herren: Das können wir dem Bürger so nicht erzählen, denn der hat für solche, sich dermaßen gravierend widersprechende Vorschläge kein Verständnis.

Daher bitte ich Sie, meine Damen und Herren, Hohes Haus, uns zu unterstützen. Wir bleiben bei unserem Vorschlag. Ich habe es im Ausschuss schon erwähnt und er­wähne es hier noch einmal: Die Bereitschaft manches Rechtsanwaltes – nichts gegen den Stand der Rechtsanwälte –, sich mit einem Richter das Klima zu verscherzen, indem er ihn mit Fristsetzungsanträgen in nicht so sehr profitablen Causen bom­bardiert, ist nicht im wünschenswerten Maße vorhanden.

Ich glaube, dass das einer der Hauptgründe dafür sein dürfte, dass dieses Instrument so selten genutzt wird. Ich habe Vorsprachen, wo mir Bürger beweisen, dass Richter sogar das Mandat gekündigt haben, weil der Bürger darauf bestanden hat, dass ein Fristsetzungsantrag gestellt wird. Das heißt, hier muss in irgendeiner Form Abhilfe geschaffen werden. Wir haben mit dem Justizministerium einen intensiven Schrift­verkehr in dieser Frage.

Aber es ist das Lamento von Jahr zu Jahr, die Verfahrensverzögerungen bei Gericht seien nicht akzeptabel, nicht weiter fortführbar, wenn man die Möglichkeiten, die sich aus dem Gesetz ergeben, nicht wirklich offensiv nutzt.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesrat Gudenus hat dann noch die fehlende Bereitschaft beim Aufgriff von Anregungen zur Gesetzgebung angesprochen und gefragt, woran das liegt. Der Herr Vorsitzende hat schon kurz erwähnt, woran das liegt, ich unterstreiche es noch einmal: Alle diese Fragen – auch den Fall, den ich Ihnen soeben geschildert habe – hätte ich furchtbar gerne außer mit Ihnen auch mit dem Fachausschuss diskutiert. Das ist einer der Gründe dafür, dass diese Anregungen zur Gesetzgebung nicht in dem Ausmaß Eingang in die politische Debatte finden: weil diese Diskussionen in den Fachausschüssen nicht stattfinden.

Hätten wir die Möglichkeit, das Ganze mit den Fachausschüssen des Parlamentes zu diskutieren, mit den Fachausschüssen des Bundesrates und des Nationalrates, dann würde vieles von dem, was ich und meine Kollegen Ihnen hier schon erläutert haben, dort unter Umständen auf fruchtbaren Boden fallen.

Frau Bundesrätin Kerschbaum hat die Vorschläge zur Reduktion von Lärm an Bun­desstraßen angesprochen und hat auf den Bericht verwiesen beziehungsweise hier gesetzgeberische Initiativen gefordert. Ich bin nicht davon überzeugt, dass es ge-


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