Bundesrat Stenographisches Protokoll 714. Sitzung / Seite 120

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Postenbesetzungen in den Zentralstellen Fürchterliches erwarten. Die „besten Köpfe“ sind also ganz offensichtlich – zumindest hat das die Besetzung in den Zentralstellen eindeutig gezeigt – wortwörtlich mit „ÖVP-Parteigänger“ zu übersetzen. Daher haben zumindest diejenigen, die nicht der ÖVP angehören, bei der Sicherheitsexekutive sind und irgendeine der ausgeschriebenen Funktionen innehaben, allen Grund, sich tatsächlich Sorgen um ihre Existenz zu machen.

Das regt Sie weniger auf, das weiß ich schon, aber die Folgen werden trotzdem verheerend sein. Die einfache Gleichung „Schwarz = bester Kopf“ ist nicht völlig falsch, es gibt hervorragende Köpfe darunter, aber sie geht auch nicht auf null auf. Es ist eine Gleichung, die für die Sicherheit tief im Minus enden wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich habe davon gesprochen, dass zu wenig Mittel für die Sicherheit zur Verfügung stehen und diese Mittel auch noch falsch alloziert werden. Wir haben die traurige Geschichte rund um das Funknetz „Adonis“ miterlebt: großer Anlauf, großer Bauch­fleck, teurer Bauchfleck! Auch dieser Minister ist als Tiger gesprungen und als Bett­vorleger gelandet. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Der Auftrag­nehmer hat das Projekt zurückgelegt, und er hat neu ausgeschrieben, jedes Mal mit Kosten, mit gewaltigen Kosten für die Republik – Mittel, die man in diesem ausge­dörrten Sicherheitsapparat wahrlich besser verwenden könnte.

Der Herr Bundesminister – und auch das soll nicht ignoriert werden – hat sich einen eigenartigen Umgang mit dem Rechtsstaat zurechtgelegt. Ich sage ganz offen, dass Regierungen – das war auch bei früheren nicht anders – manchmal wenig Freude mit den Entscheidungen von Höchstgerichten haben. Verständlich: Wenn man ein Gesetz durchpeitscht – das haben auch frühere Regierungen getan –, und es wird einem aufgehoben, ist man nicht glücklich.

Aber, meine Damen und Herren: Wenn wir den Anspruch, ein demokratischer Rechts­staat sein zu wollen, aufrechterhalten, dann haben sich die Höchstgerichte auch ein Mindestmaß an Respekt zu erwarten. Ich halte die Reaktion des Bundesministers auf Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes schlichtweg für skandalös! Sprüche von der Qualität „Auf hoher See und vor dem Verfassungsgerichtshof bist du in Gottes Hand“ ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Das stimmt!)

Herr Kollege, ich würde auch Ihnen anraten, vor der Abgabe so schneller und schein­bar witziger Bemerkungen einmal kurz nachzudenken. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Der Verfassungsgerichtshof ist der, der zu überprüfen hat, ob und inwieweit Gesetze, die auch wir beschließen, der Verfassung entsprechen. Ich glaube, in einem Rechtsstaat ist es kein Gegenstand schlechter Witze und schnoddriger Bemerkungen, wenn der Verfassungsgerichtshof einem nicht Recht gibt.

Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion hat zahlreiche Gesetze vor dem Verfas­sungsgerichtshof angefochten. Wir haben oft, aber keineswegs immer Recht behalten. (Bundesrat Mag. Himmer: Umgekehrt!) Na ja, das können wir dann ausstricherln – ich würde sagen, meine Formulierung kommt auch der Statistik näher als Ihr Einwand. Aber ... (Bundesrat Dr. Kühnel: 1 320 Verfassungsbestimmungen wurden mit der Zeit angehäuft!) Entschuldigen Sie, das geht den Verfassungsgerichtshof nichts an, daran hat er auch Kritik geübt. Das ist unsere Schuld! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Nein, nicht meine – die Sozialdemokratie hat Mehrheiten gehabt, aber Zweidrittel­mehrheiten hat sie in Österreich noch nie gehabt. (Zwischenruf des Bundesrates Bader.) Nein, nein, welche Verfassungsbestimmung auch immer beschlossen wurde, sie konnte in aller Regel nur von den beiden großen Parteien – und manchmal haben die beiden großen Parteien auch die Hilfe einer dritten gebraucht – beschlossen werden. (Bundesrat Dr. Kühnel: ... Verfassungsgerichtshof!) Herr Kollege Kühnel, Sie


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