Bundesrat Stenographisches Protokoll 715. Sitzung / Seite 42

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Ach so! Die ÖH-Wahl, die Beseitigung der Wahl für den Zentralausschuss hat mit der Demokratie nichts zu tun, oder? (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ja, das ist einer jener Initiativanträge, die – vom plötzlichen Kuss der Einsicht berührt – Abgeordnete stellen, von denen das Ministerium „keine“ Ahnung hat und deren einziger Zweck darin besteht, sich die Zores zu ersparen, die man normalerweise mit einem Begutachtungs­verfahren hat. Herr Bundeskanzler, das wissen Sie so gut wie ich! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber wenn ich das als Angebot verstehen darf, dann würde ich darauf gerne eingehen: Wenn Sie also meinen, dass dieser Initiativantrag tatsächlich eine Einschränkung der Demokratie bedeutet, dass er etwas Negatives ist, dann können wir gerne gemeinsam daran arbeiten, die Antragsteller in die Schranken zu weisen und das Wahlrecht für die Studenten – auch für den Zentralausschuss der ÖH – aufrechtzuerhalten. Dieses Angebot von meiner Seite gibt es selbstverständlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe nicht die Absicht, jetzt herunterzudeklinieren, wo wir in Ihrer Bilanz zu ande­ren Einsichten kommen. Es ist auch nicht mein primäres Anliegen, Prophezeiungen darüber abzugeben, wie die Österreicherinnen und Österreicher darauf reagieren wollen, sondern ich möchte nur zu zwei Dingen etwas sagen.

Ich weiß schon, das ist die neue Masche der ÖVP-Werbung – Kollege Bieringer hat das in noch viel mustergültigerer Weise vertreten –: Wer an den Maßnahmen der Bun­desregierung Kritik übt, der ist jemand, der mies macht, der dieses Land in Misskredit bringt oder Ähnliches mehr. (Bundesrätin Roth-Halvax: Das tun Sie ständig!) Nein, Frau Kollegin, das tun wir nicht! (Bundesrat Bieringer: Bei Champagner-Empfängen!) Wir treten für dieses Land ein. Die Verwechslung der Bundesregierung mit der Repub­lik ist weder verfassungsrechtlich noch moralisch, noch politisch gedeckt. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

Es gibt Firmen, die seit 100 Jahren bestehen und die viele schlechte Geschäftsführer überlebt haben. Diese Republik, die 1918 geschaffen wurde, hat bessere und schlech­tere Regierungen überlebt. Das Bekenntnis zu diesem Land, zu seinen Menschen, zu den Leistungen dieser Menschen – die Mitarbeiter des Parlaments mit eingeschlossen, Kollege Bieringer – bedeutet nicht, dass man die augenblickliche Geschäftsführung gleich mit hochleben lassen muss.

Wir haben in Österreich ein Reihe von in vielen Jahrzehnten – im Übrigen: gemein­sam – erarbeiteten positiven Grundlagen. Der Herr Bundeskanzler hat in einem Neben­satz, entschuldigen Sie, Kollege Bieringer hat in einem Hauptsatz – und der Nebensatz hat sich auf den Herrn Bundeskanzler bezogen, um das grammatikalisch richtig aus­zudrücken, unter dem Eindruck der PISA-Studie – auf die Arbeitslosigkeit hingewiesen. Wir hatten früher natürlich eine sehr viel niedrigere Arbeitslosigkeit, und es ist keine Frage, dass auch diese Bundesregierung auf einem positiven Sockel an Beschäftigung aufbauen kann. – Wobei die Entwicklung nicht nur der letzten zwei, sondern der letzten vier Jahre so glanzvoll nicht ist. Wenn man nämlich – notabene – im öffentlichen Dienst ein Sparprogramm in der Art durchzieht, wie es geschehen ist, dann bedeutet das natürlich, dass man unter anderem Arbeitsplatzprobleme schafft, weil es insbesondere eine Reihe junger Menschen gibt, die unter normalen Bedingungen im öffentlichen Dienst, zum Beispiel als Lehrer, Verwendung gefunden hätten, und heute entweder nicht oder nur temporär irgendwo beschäftigt sind. Und dass die Wirtschaftspolitik nicht gerade arbeitsplatzrelevant im positiven Sinn war, das ist ja nun unter allen ernst zu nehmenden Wirtschaftsforschern unumstritten. (Bundesrat Mag. Himmer: Das ist ja völlig unwahr!) Ja, „völlig unwahr“! Herr Kollege, dann lesen Sie ein bisschen in den ... (Bundesrat Mag. Himmer: Welchen Wirtschaftsforschern?) Natürlich! Der Beschäfti­gungseffekt der Maßnahmen der Wirtschaftspolitik ist ... (Bundesrat Mag. Himmer: Das ist absurd!) Nein, das ist nicht absurd! Sagen Sie das den Leuten, die auf Grund


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