Weit mehr beschäftigt uns, ob und wie beziehungsweise in welchem Ausmaß Österreich die in seiner Außenpolitik, die insoweit ja bereits EU-Innenpolitik geworden ist, schon von der Vorgängerin Ferrero-Waldner angedachte Strategische Partnerschaft mit unseren mittel-, ost- und südosteuropäischen Nachbarstaaten entwickeln und ausbauen kann. Der Vorschlag meiner Fraktion und auch mein persönlicher ginge hier vor allem in die Richtung, diese Partnerschaft durchaus nicht rein politisch-ökonomisch oder gar bloß militärisch anzulegen. Dass unsere erfolgreichen Unternehmen, und zwar nicht etwa nur Banken und Versicherungen, sondern durchaus auch produzierende Betriebe, ohnehin bereits in diesen Staaten voll verankert sind, ist ein offenes Geheimnis. Über diese sehr wichtige, aber, bliebe sie allein, sinnverkürzende Perspektive hinaus ist indes zu prüfen, ob Österreich, anknüpfend an seine überkommene Brückenfunktion, gerade in diesem Raum nicht auch noch vermehrt kulturpolitische Analysen vornehmen und daraus resultierende Maßnahmen setzen sollte – also, wenn ich es so nennen darf, eine auf Kultur basierende Regional- und Außenpolitik.
Das geht meines Erachtens weit über die Errichtung von Kulturinstituten, so wichtig diese sein mögen, hinaus. Eine auf kulturhistorisch wie auch politisch begründeten Initiativen beruhende Regional- und Wirtschaftspolitik könnte ein zukunftsfähiges Modell darstellen. Die kürzlich veranstaltete Klubreise meiner Fraktion nach Norditalien, in den Friaul und insbesondere nach Triest, dort mit konstruktiven Gesprächen mit dem Präsidenten der Region Friaul-Julisch Venetien Riccardo Illy, hat das überzeugend belegt.
Unter all diesen Gesichtspunkten eröffnen
sich der österreichischen Außen- und Europapolitik immer noch neue wesentliche
Möglichkeiten. Es gilt daher auch künftig, gerade diese zu wahren und voll
auszuschöpfen. Dafür wünschen wir, meine Fraktion und ich, Ihnen, sehr geehrte
Frau Bundesministerin, viel Glück und Erfolg für Sie und unser Land! – Ich
danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
11.28
Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Schennach das Wort.
11.29
Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Außenministerin! Herr Bundeskanzler, erlauben Sie, dass ich einmal den Scheinwerfer von Ihnen zu Ihrer neuen Bundesministerin schwenke und mich jetzt nicht zuerst mit Ihrer Regierungserklärung befasse, sondern zunächst einmal gratuliere zu einer guten Wahl, zu einer kompetenten Wahl. Ich glaube, dass mit Frau Dr. Plassnik eine Frau mit Durchsetzungsvermögen, mit Fachkenntnis und Know-how in diese Funktion gekommen ist. Wir werden sehen, wie Frau Dr. Plassnik dieses Amt ausübt. Die Legislaturperiode ist ja nicht mehr so lange, aber es ist eine sehr wichtige Zeit, eine Zeit, die jetzt Herr Böhm bereits mit der Türkei-Debatte angesprochen hat.
Ich muss sagen, Kollege Böhm, ich bin ein bisschen überrascht von Ihrer Position, wobei ich durchaus konzediere und auch für mich selbst feststelle, dass es in meinem eigenen diesbezüglichen Meinungsbildungsprozess unterschiedliche Etappen gegeben hat, dass ich heute aber tief davon überzeugt bin, dass wir diesen Annäherungsprozess, diesen Beitrittsprozess mit der Türkei vollziehen müssen. (Bundesrat Dr. Böhm: Das habe ich nicht bestritten!)
Es leben zum Beispiel mehr türkische Bürger und Bürgerinnen in Europa als Österreicher, als Belgier oder als Holländer. Das heißt, wir kommen gar nicht darum herum, eine Sonderbeziehung zur Türkei und zur Türkeifrage zu finden. Auch wenn ich persönlich tief davon überzeugt bin, dass der Lückenschluss zum Balkan, von Österreich, von Slowenien bis nach Griechenland, die Integration aller Balkanstaaten vorrangig ist,
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