Bundesrat Stenographisches Protokoll 715. Sitzung / Seite 50

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Dass Europa weit mehr ist als eine Wirtschaftsgemeinschaft, war gerade bei den Erweiterungsfeierlichkeiten unübersehbar. Ich danke Ihnen, Herr Präsident Weiss, aber auch den Herren Bundesräten Boden, Schennach und Dr. Böhm, die Sie mir persön­lich bei Ihrem Besuch in der Schweiz berichtet haben, wie Sie diesen Tag und die damit verbundenen Feierlichkeiten empfunden haben.

Jetzt geht es darum, die Chancen des Beitritts unserer Nachbarländer zu nützen und auch auf die neuen Aufgaben einzugehen. Ich habe auch aus diesem Grund die Regio­nale Partnerschaft zu einem meiner Arbeitsschwerpunkte gemacht. Es ist mir wichtig, diese Partnerschaft noch mehr mit Leben zu erfüllen, und zwar in einer Reihe von Bereichen, die für unsere Bürger ein besonderes Anliegen sind. Dabei können wir auf einer guten Basis aufbauen, denn das Verhältnis zu unseren Nachbarn war politisch und menschlich noch nie so gut wie heute.

Die Bestätigung dafür habe ich in den letzten Wochen schon bei meinen ersten Besu­chen erfahren. Ich war in der Schweiz, ich war in der Slowakei. Die nächsten Besuche stehen unmittelbar bevor. Ich werde von hier aus zum Flughafen fahren – ich bitte um Entschuldigung, dass ich früher weggehen muss –, um heute nach Prag zu reisen. Mein ungarischer Amtskollege wird in einigen Wochen nach Wien kommen. Eine Reihe von Kontakten hat sich auch im Rahmen der Veranstaltungen der Europäischen Union ergeben.

Meine Damen und Herren! Nachbarschaftspolitik im neuen Europa geht selbstver­ständlich über die unmittelbar angrenzenden Staaten hinaus. Ich möchte jetzt kurz auf die Situation in einem der wichtigen Nachbarländer eingehen – Herr Bundesrat Konecny, Sie haben es angesprochen –, auf die Entwicklung in der Ukraine, die wir mit großer Sorge beobachten.

Die Europäische Union hat gestern Abend eine Erklärung veröffentlicht und darin die Veröffentlichung des Wahlergebnisses durch die Wahlkommission bedauert, weil das veröffentlichte Ergebnis nicht dem Willen des ukrainischen Volkes entspricht. Die Euro­päische Union hat die Ukraine aufgefordert, die beanstandeten Unregelmäßigkeiten zu überprüfen und mit der Internationalen Wahlbeobachtermission zusammenzuarbeiten.

Ergänzend möchte ich Ihnen auch mitteilen, dass wir den ukrainischen Geschäftsträger in Österreich gestern ins Außenministerium gebeten und ihm ebenfalls klar gemacht haben, dass auch Österreich erwartet, dass die ukrainischen Behörden den gesamten Wahlprozess und die Wahlergebnisse gemeinsam mit der OSZE überprüfen. Selbst­verständlich ist aus unserer Sicht alles zu unterlassen, was zu Gewalt oder zu einem dauerhaften Bruch in der ukrainischen Gesellschaft führen könnte. Österreich wird, wo immer wir das können, im Rahmen der Europäischen Union, der OSZE und des Europarates dazu einen Beitrag leisten. (Allgemeiner Beifall.)

Zur aktuellen Situation vor Ort. Wir sind im laufenden Kontakt mit unserer Botschaft in Kiew, auch im laufenden Kontakt mit Christian Strohal, dem Leiter des ODIHR, das innerhalb der OSZE für Wahlbeobachtungen zuständig ist. Die Informationen, die ich heute Morgen – Informationsstand 9 Uhr – bekommen habe, lauten folgendermaßen:

Stark ausgerüstete Sicherheitskräfte haben das Regierungsviertel unter Kontrolle, sodass die Demonstranten nicht mehr zum Regierungspalast vordringen können. Auf Grund der eisigen Temperaturen ist die Zahl der Demonstranten auch geringer gewor­den und die weitere Entwicklung muss abgewartet werden. Die Sicherheitskräfte halten sich zurück, sodass es bisher zu keinen gewalttätigen Auseinandersetzungen gekom­men ist. Der von der Opposition ausgerufene Generalstreik wird zum Teil befolgt, Verkehrslinien funktionieren, viele Lebensmittelgeschäfte sind offen.

 


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