Bundesrat Stenographisches Protokoll 715. Sitzung / Seite 72

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Worum es meiner Meinung nach geht, ist – und da kann ich jetzt noch keine Lösung anbieten, aber ich werde natürlich gerne beide Kammern darüber informieren –: Ich möchte die Offenheit dieses Prozesses fixiert haben. Es muss gesichert sein, dass das nicht eine Einbahnstraße ist, beziehungsweise , wie Frau Außenministerin Plassnik sagt, es darf nicht ein Förderband ohne Stopptaste sein. Es muss wirklich eine Offen­heit der Optionen ausgesprochen werden.

Da sind wir – ich sage das auch sehr offen und bitte, das nicht zu senden, wenn ich mir das wünschen darf – zum Teil ziemlich allein, denn die meisten verstecken sich hinter dem Busch. Die meisten Länder verstecken sich in Wirklichkeit hinter uns, weil sie wissen, die Österreicher melden sich wenigstens. In der Ratsarbeitsgruppe sind es ausschließlich die österreichischen Beamten, die sich dazu zu Wort melden und ganz genau Punkt für Punkt, Frage für Frage durchgehen. Letzten Montag war unsere Außenministerin zuerst allein, dann erst hat sie der slowakische Außenminister unter­stützt. Das ist also nicht einfach, glauben Sie mir das!

Wir werden natürlich diesen Weg eines klugen Dialogs, aber auch der Behandlung kritischer Fragen weitergehen. Ich hoffe, dass wir uns in diesem Bereich bewähren können. Aber es ist nicht einfach, ich will das hier gar nicht verschweigen, denn sonst entsteht der Eindruck, dass man als Österreicher nur auf den Tisch zu hauen braucht und alle anderen sagen: Na bumm, dass wir nicht auf die gleiche Idee gekommen sind, ist eigentlich verblüffend! – Daher: Es ist schwierig, und es bedarf wirklich klugen Einsatzes, hier etwas weiterzubringen.

Nun zu einigen wenigen innenpolitischen Fragen. Ich will da nicht polemisch sein. Ich bitte, mir nachzusehen, dass ich manchmal diesen Eindruck erwecke, aber das ist so, weil ich ganz gerne diskutiere. Es ist nicht böse gemeint.

Wissen Sie, was mich in der Pensionsdebatte schmerzt? Ich sage das deshalb, weil ich, obwohl nicht ressortzuständig, unerhört viel Energie und Zeitaufwand darin inves­tiert habe, da ich dieses Projekt für wahnsinnig wichtig halte. Ich bin 23 Runden – auch Samstage, Sonntage, Nächte – mit den Sozialpartnern zusammengesessen. Das hätte ich nicht gemacht, wenn ich dann nachher als Eismonster hätte dargestellt werden wol­len oder wenn mir das eh Wurst gewesen wäre und ich nur hätte „drüberfahren“ wollen. Nein! Ich habe mich wirklich bemüht, alle Sozialpartner an Bord zu bekommen.

Glauben Sie mir noch etwas: Ich würde auch lieber als ein Bundeskanzler dastehen, der überhaupt nichts kürzen muss, der die wohlerworbenen Rechte für die nächsten hundert Jahre garantiert. Nur: Es geht nicht! Ich sage das wirklich sehr offen: Es geht nicht!

Auch frühere, sozialdemokratische Bundeskanzler haben einiges in dieser Richtung versucht. Viktor Klima, der heute von der SPÖ bisweilen gar nicht gerne erwähnt wird, hat einiges auf diesem Gebiet versucht, er ist aber 1997 von den eigenen sozialdemo­kratischen Gewerkschaftern ziemlich brutal eingebremst worden. Ich sage Ihnen: Das war ein Pyrrhussieg!

Es wäre richtiger gewesen, im Jahre 1997 eine für den damaligen Zeitpunkt noch maßvollere Reform beziehungsweise eine Reform mit längeren Übergangsfristen zu konzipieren als einfach zu sagen: Nein, das verhindern wir!, was gelungen ist, denn es ist dann de facto nichts passiert. Im Gegenteil: Es ist damals sogar noch eine Aufwer­tung der Jahre von 1,78 auf 2 Prozent erfolgt! Völlig unnötig, bitte! Ein schwerer Fehler! Deswegen rege ich mich auf. Ich lasse mir nämlich nicht vorwerfen, dass das, weil wir nach drei Jahren wieder auf den jährlichen Faktor 1,78 Prozent zurückgehen, eine Kür­zung gegenüber 2 Prozent mal 45, also 90 Prozent, wie man es mir vorgerechnet hat, wäre. Das ist bitte intellektuell nicht redlich! Das müssen Sie mir attestieren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


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