Bundesrat Stenographisches Protokoll 715. Sitzung / Seite 126

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dann in weiterer Konsequenz das Lebenslicht ausblase. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ihre Haltung zu dieser Vorlage ist eine außerordentlich eigenartige. Auf der einen Seite identifizieren Sie sich offensichtlich vollinhaltlich mit dem Inhalt dieses Entwurfs, wenn ich Sie nicht missverstanden habe. Auf der anderen Seite waschen Sie Ihre Hände in Unschuld und fragen: Was wollen Sie von mir? Reden Sie mit der Wissenschaftsspre­cherin! Bitte, wessen Wissenschaftssprecherin? Die des österreichischen Parlaments zweifelsfrei nicht! Es ist die ÖVP-Wissenschaftssprecherin, mit der Sie offenbar in ir­gendeiner symbiotischen geistigen Verbindung stehen, die genau geahnt haben muss, was Sie in ein Gesetz hineinschreiben würden, das Sie aus irgendwelchen Gründen nicht machen wollten. Das ist doch grotesk! Sie fordern Universitätsvertretungen, Bundesvertretungen und Fraktionen auf, Ihnen zu sagen, was sie meinen, was in ein Gesetz hinein soll. Und dann reichen Sie das an Frau Brinek weiter. Oder was ist mit dem Papier geschehen? Haben Sie es nur abgelegt, denn Sie wollten ja erkennbar kein Gesetz machen, oder haben Sie es Kollegin Brinek über den Tisch geschoben und gesagt: Mach was draus!? (Bundesrat Gruber: Iss was Gscheit’s!) – Nein, mir fällt jetzt leider der Vorname der Kollegin Brinek nicht ein. – (Bundesrat Schennach: Gertrude!) – Gertrude, mach was! – in Abwandlung eines populär gewordenen Werbe­slogans.

Sehen Sie, das ist ein an der Grenze dessen, was man in Anbetracht der Trennung von Legislative und Exekutive noch tolerieren kann, stehender Sachverhalt. Das Minis­terium ist jetzt nicht „entpflichtet“, weil Frau Kollegin Brinek, Kolleginnen und Kollegen einen Entwurf gemacht haben. Wenn das so einfach wäre, Frau Kollegin, machten wir auch einen Entwurf. (Bundesrat Höfinger: Ihr werdet dafür aber keine Mehrheit be­kommen!)

Wenn man also eine Mehrheit hat, braucht man auch keine Regierung mehr. Sehen Sie, das ist der springende Punkt! Und die Frau Minister hat noch rührende Worte darüber verloren, welche Möglichkeit zur Belebung des Parlamentarismus sie dadurch eröffnet hat. – Nein, die Regierung beziehungsweise in diesem Fall das Ressort hat die Verpflichtung, eine Novelle, die sich teilweise allerdings nicht mit diesem Inhalt als lo­gische Konsequenz aus einer vorangegangenen Gesetzesänderung ergibt, rechtzeitig und umfassend mit Begutachtungsverfahren auf den Weg zu schicken. Es gibt kein vernünftiges Argument, zu sagen: Da gibt es ohnehin einen Entwurf, was brauchen wir da noch zu tun?! Nein, Frau Bundesminister, so ist das nicht!

Es gab Fälle in der Vergangenheit, wo man genau deshalb, weil man vor Jahres­schluss wenig Zeit hatte, was man auch offen und ehrlich einbekannt hat, so vorgegan­gen ist: Wir haben einen Entwurf, wir haben aber keine Zeit für ein Begutachtungs­verfahren – ich bekenne mich dazu, dass auch Regierungen, die ich unterstützt habe, gelegentlich eine solche Vorgangsweise gewählt haben –, und Abgeordnete haben das dann eingebracht. Aber bei der merkwürdigen Kindesweglegung, die Sie hier betrei­ben – ich brauche nichts mehr zu tun, weil es das gibt; und das ist auch noch gut für den Parlamentarismus, und für die Studenten ist es sowieso gut –, können wir Ihnen nicht nur nicht folgen, mit Verlaub, Frau Minister, da fühlen wir uns wirklich gepflanzt.

Wahr ist: Hier hat Ihr Ministerium ganz offensichtlich zu spät reagiert. Es hat das ge­macht – ich sage es noch einmal –, was andere Regierungen auch gemacht haben, nämlich Abgeordnete mit einem Initiativantrag vorgeschickt. Das ist so unmoralisch nicht, dass Sie das jetzt leugnen müssten. Das hat es schon gegeben und das wird es auch in Zukunft geben.

Dieses Gesetz hat jedoch einen Inhalt, der ein Skandal ist, im Kern ein demokratiepoli­tischer Skandal ukrainischen Ausmaßes. In einer Demokratie unseres Zuschnitts spielt


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