Bundesrat Stenographisches Protokoll 715. Sitzung / Seite 136

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Außerdem wundere ich mich schon. Die freiheitliche Fraktion hat schon in der Oppo­sitionsrolle sehr stark immer wieder den Ausbau der direkten Demokratie gefordert, beispielsweise dass Volksbegehren, die eine bestimmte Zahl an Unterschriften erreicht haben, vielleicht dann sogar einer obligatorischen Volksabstimmung unterzogen wer­den. Ich habe bis heute Ihre Unterstützung zu diesem Anliegen noch nie gehört. So halten Sie es mit der von Ihnen so hoch gehaltenen direkten Demokratie! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Gruber: Sie können es ja machen! Sie haben ja eh die Mehrheit!) – Ja, aber Ihre Zustimmung haben wir nie gehabt. (Bundesrat Bieringer – in Richtung des Bundesrates Gruber –: Hast du schon einmal von einem Verfassungsgesetz gehört? – Bundesrat Gruber: Ja! Gott sei Dank gibt es das!)

Da also die Universitätsvertretungen selbstverständlich nach wie vor direkt gewählt werden, gewählt werden sollen – daran rüttelt ja überhaupt niemand, das steht ja über­haupt nicht zur Debatte –, kann auch von einem „demokratiepolitisch inakzeptablen Eingriff in das Wahlsystem“ überhaupt nicht die Rede sein. Das ist ja nur finstere Polemik, sonst nichts!

In der Dringlichen Anfrage wird ferner die Verlagerung des ÖH-Budgets von der Bun­desvertretung zu den Universitätsvertretungen heftigst kritisiert. (Bundesrätin Konrad: In dem Ausmaß und der dezidierten Festgeschriebenheit!) Wenn freilich beklagt wird – auch das steht ja wörtlich im Text der Dringlichen Anfrage –, dass dann jenes Geld gekürzt werde, das für klassische Serviceleistungen, aber auch für Informations­kampagnen im Interesse der Studierenden verwendet worden sei, so trifft gerade das leider nur zum Teil zu. Allzu viele Mittel der Öffentlichkeit und der Studierenden werden durchaus nicht in deren Interesse eingesetzt, sie dienen vielmehr der ideologischen Profilierung bestimmter Funktionäre. (Bundesrätin Konrad: ... erst jetzt ...? Nur weil sie nicht ÖVP-nahe sind?)

Hierzu ist insbesondere auf zahllose, rein politisch-ideologische Kampagnen und Bro­schüren zu verweisen (Bundesrätin Konrad: Zum Beispiel?), die mit Hochschulpolitik, Bildungspolitik und studentischen Interessen aber auch schon gar nichts mehr gemein haben, ja selbst allgemein gesellschaftspolitisch-theoretische Fragen nur sehr am Rande berühren. Bei den Universitätsvertretungen vor Ort, wie es neudeutsch so schön heißt, ist eine solche Zweckentfremdung – und das ist sie in meinen Augen, das sage ich in der Dezidiertheit! – der ÖH-Mittel nicht zu erwarten, denn schon bisher haben Fakultäts- und Universitätsvertretungen niemals so abgehoben agiert wie der Zentralausschuss. Sie haben Bodenhaftung, sind den Studierenden weitaus näher und ihnen daher voll verbunden, verpflichtet und verantwortlich.

So gesehen ist es nur sinnvoll, dass die Mittel verstärkt den Universitäts- oder – soweit sie dann bestünden – Fakultätsvertretungen zugewiesen werden, damit sie tatsächlich ausschließlich den Interessen der Studierenden und keinem anderen entfremdeten Zweck zugute kommen. Die Stärkung gerade dieser Ebene der ÖH ist daher auch in diesem Sinne vorbehaltlos zu begrüßen.

Abschließend möchte ich daher schon mein Bedauern zum Ausdruck bringen, dass Sie mit dieser Dringlichen Anfrage zwar den Eindruck erwecken, die Interessen der Studie­renden zu verteidigen, nach meiner – ich sage es Ihnen ganz offen – Einschätzung aber eher um die Erhaltung der Möglichkeit kämpfen, die ÖH-Führung für Oppositions­zwecke zu instrumentalisieren.

Wenn Sie nämlich, meine Damen und Herren von der SPÖ und den Grünen, den Re­gierungsparteien unterstellen, sie wollten die Bundesvertretung aushungern – denn Sie behaupten ja, ich zitiere wörtlich: „So ausgestattet, soll die ÖH in Zukunft der Regie­rung nicht mehr lästig werden können.“ –, müssen Sie auch die umgekehrte Deutung


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