9.22
Bundesrat Albrecht Konecny
(SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren!
Vielleicht noch einen kleinen Nachtrag zur Debatte, die wir soeben abgewickelt
haben; Kollege Bieringer lächelt schon, er weiß wohl, was ich jetzt sagen
werde. Irgendwie muss der ÖVP am Samstag, Sonntag ein paulinisches Wunder
begegnet sein, denn am Freitag war es eben jener Kollege Bieringer, der für
eine Umgestaltung der heutigen Tagesordnung dergestalt plädiert hat (Bundesrat Reisenberger: Na schau!), dass man das Gesetz, das wir jetzt
zu debattieren haben, mit der Frau Bundesminister debattieren kann. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Bitte schön,
ich anerkenne plötzliche Sinneswandlungen als legitim. (Bundesrat Bieringer: Nein!)
Das Wochenende war ein beschauliches, Kollege Bieringer ist zu einer anderen
Einsicht gekommen worden (Bundesrat Bieringer: Nein!), dementsprechend
debattieren wir jetzt, und ich werde das auch folgsam tun. (Bundesrat Bieringer: Sie müssen schon dazusagen,
Herr Kollege, ich habe ausdrücklich gesagt, wenn sie heute angelobt wird, dann
auf den Schluss der Tagesordnung – und nur dann!)
Es ging doch wohl darum, das Gesetz mit ihr debattieren zu können, aber,
wie gesagt, kein Problem. Wir werden diese Möglichkeit schaffen, die Frau
Bundesminister wird uns mit Sicherheit, das heißt, ob mit Sicherheit kann ich
nicht sagen, aber hoffentlich sagen, was sie von den hier vorgeschlagenen
Maßnahmen hält.
Das Gesetz, mit dem Herr Bundesminister Strasser angetreten ist, umfasst
aus meiner Sicht drei Bereiche, und meine Fraktion hat zu diesen drei Bereichen
einen sehr differenzierten Zugang.
Es geht zunächst einmal um Maßnahmen, die einen Versuch darstellen, in
bestimmten Bereichen durch die Ausweitung gesetzlicher Möglichkeiten
Sicherheitsrisken auszuschalten. Es ist über diese Vorschläge intensiv und
auch im Detail diskutiert worden, und es sind Lösungen zustande gekommen, die
vielleicht nicht zur Begeisterung hinreißen, die aber im Prinzip auch wir
mitzutragen in der Lage sind.
Es ist mir bewusst, und ich sage das ausdrücklich, dass es sich in jedem
einzelnen dieser Fälle um eine Gratwanderung zwischen Datenschutz und zivilen
Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger handelt, dass dieser Grat mit einem unter
dem Eindruck einer sehr weit reichenden Kriminalitätswelle entstandenen
Unsicherheitsgefühl zu begehen ist und es ein sehr, sehr schwieriges
Unterfangen ist, nicht auf der einen oder auf der anderen Seite
hinunterzurutschen.
Es handelt sich dabei einerseits um die Schaffung von Schutzzonen, wo
es – rechtsstaatlich nicht unbedenklich, gar keine Frage – ein
Wegweisungsrecht und ein Betretungsverbot geben soll, ohne dass eine konkrete
Handlung von der betreffenden Person gesetzt werden muss, sondern eben auf
Grund der Umstände die Überlegung, der Verdacht besteht – etwa im
Bereich Drogenhandel –, dass die betreffende Person solche Handlungen
setzen oder begünstigen könnte.
Wie gesagt, rechtsstaatlich ein Grenzfall. Etwas, das keine strafbare Handlung ist, sondern eine optische Erscheinung, ein Verhalten, wird, wenn auch in moderater Form – „Wegweisung“ heißt ja nicht „einsperren“ – pönalisiert.
Wir haben zweitens den Bereich der Videoüberwachung. Dabei handelt es sich um einen Eingriff in eine Art von informationeller Selbstbestimmung der Menschen. Auf der anderen Seite müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass dadurch für die Exekutive Möglichkeiten geschaffen werden, die nahezu jeder Private in seinem Bereich ganz selbstverständlich in Anspruch nimmt. Die Zahl der Kameras, der Videokameras ist unendlich. Der Unterschied ist, dass sie privat betrieben werden, gewissermaßen als Ausdruck eines erweiterten Hausrechtes. Der Exekutive waren diese Möglichkeiten bisher weitestgehend verwehrt, außer in konkreten Verdachtsfällen.
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