Bundesrat Stenographisches Protokoll 717. Sitzung / Seite 98

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

mit dem, was wir haben, das Auslangen finden. Verantwortungsvolle Politik trachtet danach, möglichst sensibel damit umzugehen.

Glauben Sie mir, auch mir wäre es nicht leicht gefallen, Rezeptgebühren zu erhöhen oder den Selbstbehalt bei Sehbehelfen zu erhöhen. Aber ich sage Ihnen ein Beispiel dazu, ein einziges Beispiel, ich könnte Ihnen viele nennen: Noch vor für Jahren – das ist keine lange Zeit, das Jahr 1999, Ende der vorletzten Regierung, der großen Koalition, das hat aber nichts damit zu tun, das sage ich auch – haben wir bei Dick­darmkrebs eine durchschnittliche Überlebensrate von acht bis zehn Wochen gehabt, weil zu spät erkannt, weil mit den damaligen Medikamenten trotz Operationen Über­lebensrate im Schnitt acht bis zehn Wochen. Kosten der Behandlung eines Dick­darmkrebses: zwischen 70 € und 140 € insgesamt ohne Operation, insgesamt an Medikamentation, also Chemotherapie.

Dann hat es ein neues innovatives Medikament gegeben, Entwicklung der Pharma­wirtschaft, grandios, wird seit fünf Jahren bei uns angewandt. In der Zwischenzeit hat Österreich die höchste Fünfjahresüberlebensrate bei Dickdarmkrebs, und die durch­schnittliche Überlebensrate liegt bei zwei Jahren, das heißt geschenkte eindreiviertel Jahre im Schnitt für jeden Patienten. Zusätzlich noch Vorsorgeuntersuchung, etwas frühere Erkennungsrate. Kosten: Operation plus ein Medikamentendurchgang 2 200 €, also mehr als das Zehnfache, nämlich das Fünfzehnfache, das aber bis zu acht Mal pro Patient in der Chemotherapie, sprich durchschnittliche Kosten bei Dickdarmkrebs mit Operation zwischen 30 000 und 40 000 € pro Patient.

Jetzt sage ich Ihnen eines: Wenn ich Dickdarmkrebspatient bin oder einen Angehö­rigen habe, der Krebs hat, dann wünsche ich mir – Gott sei Dank ist das in Österreich so –, dass jeder, der das braucht, es bekommt, unabhängig davon, ob er es sich leisten kann oder nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jetzt sage ich Ihnen noch eines: Da bezahle ich lieber bei anderen Dingen. Sie können alle Österreicherinnen und Österreicher fragen, es wird jeder sagen: Okay, da ver­zichte ich lieber auf die 5 bis 7 € Zuschuss. Bei vielen Sehbehelfen war das nur so viel. Klar, das war auch der Grund, warum die Krankenkassen das vorgeschlagen haben, es waren zum Teil Bagatellzuschüsse. (Bundesrat Ing. Einwallner: Bis zu 32 €, Frau Minister, das wissen Sie!) Da bezahle ich lieber für meine Brille um 46 oder 47 € mehr, wenn ich die Sicherheit habe, dass, wenn ich eine derartige Krankheit habe oder auch eine andere, mir dann der Staat die Behandlung bezahlt und ermöglicht, dass ich wieder gesund werde oder einige gewonnene Lebensjahre habe. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich zu den Sehbehelfen noch etwas sagen. Wir haben selbstverständlich alle Rezeptgebührenbefreiten ausgenommen, das sind die Mindestrentner, das sind auch Familien mit mehreren Kindern, die um Rezeptgebührenbefreiung ansuchen und ein geringes Einkommen haben. Man kann auch um Rezeptgebührenbefreiung ansu­chen, wenn man eine gewisse höhere Belastung und ein geringes Einkommen hat. Es sind selbstverständlich Kinder bis 15 Jahre voll ausgenommen, und es ist der Selbst­behalt für die Familienbeihilfen beziehenden Kinder bis 27 bei 23 € geblieben. Wir haben da also sehr wohl Rücksicht genommen, und ich denke, dass das eine gute Maßnahme ist.

Ich wäre auch zur Rezeptgebührenerhöhung gestanden. Ich bin sehr traurig, dass die SPÖ sich dann entschlossen hat, nicht dazu zu stehen, denn wenn wir alle vier das gemeinsam getragen hätten, hätten wir das erklären können, und ich hätte sehr vernünftig die Splittung zwischen Generika und Originalpräparat gehabt. Das hätten die Österreicherinnen und Österreicher auch akzeptiert. Das war nicht möglich. Okay, akzeptiere ich, aber irgendwoher müssen wir das Geld, das wir brauchen, auch


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite