Bundesrat Stenographisches Protokoll 717. Sitzung / Seite 115

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der Bauwirtschaft und im Baugewerbe für Beschäftigung sorgen. Ich meine, dass man die Wohnbauförderungsmittel auf Länderebene auch zweckbinden sollte.

Auf der einen Seite gibt also der Finanzminister – und lässt sich dafür auch noch kräftig feiern –, und auf der anderen Seite lässt er sich die Steuerreform zu einem gut Teil von den Ländern und von den Gemeinden finanzieren. Dazu kommt dann auch noch der Stabilitätspakt, in dem sich die Länder verpflichtet haben, ihre Überschüsse abzu­liefern.

Meine Damen und Herren! Und dann steht auch noch drinnen, dass die Gemeinden zu einem ausgeglichenen Haushalt verpflichtet sind. – Na, festschreiben lässt sich sehr viel.

Wie schaut denn das bei den Gemeinden aus? – Ich nehme als Beispiel meinen eigenen Bezirk: Von den 42 Gemeinden, die es dort gibt, können 26 Gemeinden den Haushalt nicht mehr ausgleichen. Ich glaube, in Oberösterreich sind es an die 50 Pro­zent der Gemeinden, die das nicht mehr schaffen. Das sind Gemeinden, die null finan­ziellen Spielraum haben, und wenn man es provokant ausdrücken will, dann ist es für sie so, dass sie, wenn sie einen Radiergummi und einen Bleistift anschaffen müssen, zuerst die Genehmigung beim Land einholen müssen.

Meine Damen und Herren! Wie sollen diese Gemeinden investieren, wenn sie keinen Spielraum haben? Und wir alle wissen, dass über 50 Prozent der Gemeindebudgets in die regionale Wirtschaft fließen und dort für Aufträge und auch für die Erhaltung und Absicherung der Arbeitsplätze sorgen.

Den Gemeinden fehlen in Zukunft jene Mittel, die durch die Steuerreform den Groß­konzernen gegeben werden, zum Beispiel mit der Gruppenbesteuerung und der massiven Senkung der KöSt. Wir haben heute schon gehört, dass es bisher immer an die 6,2 Milliarden € an KöSt gegeben hat und es heuer nur mehr an die 3,6 Milliarden sein werden. Das ist ein Minus von 2,6 Milliarden €, und dieses Geld fehlt den Gemein­den.

Dieses Geld fehlt den Kleinbetrieben und den Kommunen, und das, glaube ich, ist die Schattenseite des Finanzausgleichs. Den Gemeinden immer mehr Aufgaben und dafür immer weniger Geld geben, das, glaube ich, lässt sich auf Dauer nicht machen.

Ich wundere mich auch des Öfteren über die Lobgesänge der ÖVP-Bürgermeister zu diesem Finanzausgleich (Bundesrat Dr. Böhm: Der Wiener Bürgermeister ist anderer Meinung!), denn wenn sie sich die eigene Gemeindekassa anschauen, dann müssen sie wissen, dass sie hier keinen Lobgesang von sich geben sollten (Bundesrat Gruber: Dann müssen sie Tränen in den Augen haben! Tränen! Leider!), sondern sie sollten sich dafür einsetzen, dass sie wirklich mehr Geld vom Bund bekommen. (Bundesrat Gruber: Das ist zum Weinen für die Gemeinden!)

Meine Damen und Herren! Noch ganz kurz zum Gesundheitspaket, denn auch da geht es um 300 Millionen €. Mit diesem Paket werden die Bürgerinnen und Bürger massiv belastet, und zwar einseitig. Beim Brillenzuschuss zum Beispiel geht es um drei Millionen Bürgerinnen und Bürger, die auf Sehbehelfe angewiesen sind – und genau da fahren Sie mit dem Rasenmäher drüber! Dass mit der Streichung des Zuschusses auch gleich die Gebrauchsdauer von zwei auf drei Jahre hinaufgesetzt wurde, halte ich für sehr bedenklich.

Wen trifft es, wenn die Krankenversicherungsbeiträge um 0,1 Prozent erhöht werden? Wen trifft es, wenn die Rezeptgebühren ein weiteres Mal erhöht werden, und zwar von 4,35 € auf 4,45 €? Wen trifft es, wenn den Ländern bei der Erhöhung des Spitals­beitrages, und zwar von 7,98 auf 10 €, freie Hand gelassen wird? (Zwischenrufe der


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