Bundesrat Stenographisches Protokoll 717. Sitzung / Seite 172

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Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Neuwirth. – Bitte.

 


18.53

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bedauere, dass jetzt der zuständige Herr Bundesminister nicht da ist. Wir beschäftigen uns heute wieder einmal mit einem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz deshalb, weil der Verfassungs­ge­richtshof die Reform des Hauptverbandes aufgehoben hat, die im Wesentlichen nur eines zum Ziel hatte, nämlich die Machtverhältnisse dort zu verändern. Das hätte ich natürlich gerne mit dem Bundesminister selber diskutiert.

Erinnern Sie sich, Kolleginnen und Kollegen, 2000 war ein wichtiges Jahr, da gab es nur ein Thema für die Regierungsparteien, das ihnen wirklich wichtig erschien, nämlich im Hauptverband passe gar nichts. Ein besonderer Dorn im Auge der Regie­rungs­koalition war allerdings ein Spitzenfunktionär, der Spitzenfunktionär im Haupt­verband schlechthin, nämlich der Herr Sallmutter, denn dieser wollte einen starken Haupt­verband, und er hat sich erlaubt zu sagen, dass er Beitragserhöhungen nicht aus­schließen könne. Da gab es einen richtigen Aufschrei, der durch das Land ging, Protest landauf, landab von Seiten der ÖVP und der Freiheitlichen: Was, da gibt es jemanden, der Beitragserhöhungen will? Das können wir uns keinesfalls gefallen lassen! Der muss auf jeden Fall weg, mit allen Mitteln muss der weg!, hat es geheißen, denn Beitragserhöhungen kommen für uns nicht in Frage. Daran werden Sie sich doch erinnern, werte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP. (Bundesrat Boden: War das nicht auch der Gaugg, den sie weggelobt haben?) Ja, den auch, den Herrn Gaugg.

Als Folge dieses Denkens haben die Regierungsparteien mit dieser verfassungs­widri­gen Reform eine Bestimmung eingeführt, die vorgesehen hat – das muss man sich einmal vorstellen! –, dass leitende Funktionäre kollektivvertragsfähiger Körperschaften und Vereine, auch wenn sie die Kollektivvertragsfähigkeit in fremdem Namen ausüben, nicht Mitglieder dieses Führungsgremiums im Hauptverband sein dürfen! – Das wäre ungefähr so, wie wenn man festgelegt hätte, dass jemand, der schwarze Anzüge trägt, nicht Mitglied im Führungsgremium sein darf. Das würde sich nicht wesentlich davon unterscheiden. (Bundesrat Dr. Böhm: Nicht ganz!) – Nicht ganz, da haben Sie Recht, dunkelblau wäre vielleicht auch noch eine Möglichkeit gewesen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Dass das so natürlich nicht geht, war jedem klar. Die logische Konsequenz war, dass der Verfassungsgerichtshof völlig zu Recht diese Bestimmungen als verfassungswidrig aufgehoben hat. Der Bundesregierung – und ich nehme an, auch Ihnen hier herinnen – war völlig klar, dass diese Bestimmung verfassungswidrig ist. Das ist ja der besondere Zynismus in diesem Fall: Nicht nur wir in der Opposition haben das gewusst, nein, alle haben von Anfang an gewusst, dass da etwas gefordert wird, dass da etwas im Gesetz verankert wird, was mit Sicherheit nicht halten wird.

Trotzdem waren ÖVP und Freiheitliche wild entschlossen, dieses Gesetz zu be­schließen. Es ging ja schließlich nur um eines: den Sallmutter wegzubekommen, so nach dem Motto: Ist dieser Mann weg, haben wir einen neuen Hauptverband! (Bun­desrat Baier: Das wünschen sich in der SPÖ auch viele!) Herr Kollege! Ist das vielleicht ein Weihnachtswunsch von Ihnen, dass wir uns das auch gewünscht hätten? (Bundesrat Stadler: So macht es die ÖVP in Oberösterreich!) Sie haben das jedenfalls so schlecht beschlossen – aufgehoben wurde das alles, Herr Kollege; beinahe alles.

 


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