Bundesrat Stenographisches Protokoll 717. Sitzung / Seite 184

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschüler­schafts­gesetz 1998 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zum Antrag:

Der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke vielmals.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Prutsch. – Bitte.

 


9.06

Bundesrat Günther Prutsch (SPÖ, Steiermark): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Ich wünsche allen einen schönen guten Morgen. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Österreich hat mit der Österreichischen Hochschülerschaft ein Vertretungssystem, das international große Beachtung findet. Seit 60 Jahren gibt es diese Form der Inter­essenvertretung; nicht zuletzt direkt von den Studierenden legitimiert.

Was gut ist, hat offensichtlich in Österreich durchaus die Chance, sehr rasch zerstört zu werden. Seit die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft die Mehrheit in der bundesweiten Vertretung der Studierenden verloren hat, ist die ÖH zum Abschuss freigegeben worden. Mittels Initiativantrag kündigte die ÖVP eine Novelle zum Hochschüler­schafts­gesetz an. Über die überfallsartige Vorgangsweise, über das Überspringen von Begut­achtungsfristen ist hier schon einmal sehr ausführlich diskutiert worden. Die rechtliche Grundlage einer Interessenvertretung soll schnellstens und ohne jegliche wirkliche Einbeziehung der Betroffenen verändert werden.

Und da fragt man sich: Was haben denn die jungen Menschen falsch gemacht, so falsch gemacht, dass aus Sicht der Regierung Handlungsbedarf besteht? – Sie haben sich über die sozialen Verschlechterungen kritisch geäußert, sie haben gegen die Ver­schlechterungen bei den Studiengebühren protestiert, und sie haben vor allem auch, wie schon erwähnt, nicht so gewählt, wie es die Regierung erwartet hat. Legt man das letzte ÖH-Wahlergebnis auf das neue Hochschülerschaftsgesetz um, dann hätten zwei Fraktionen – Sie können jetzt raten, welche –, die auf gerade einmal 35,8 Prozent der Stimmen gekommen sind, plötzlich 63 Prozent der Mandate.

Meine Damen und Herren! In der Geschichte hatten viele Mächtige den Wunsch, immer wieder das Volk auszutauschen, wenn es unangenehm wurde. (Heiterkeit bei der SPÖ.) So richtig funktioniert hat das allerdings nie. Der nächste, fast logische Schluss, möchte man sagen, der Mächtigen war dann: Machen wir die Kritiker mundtot. In Österreich ist ja sehr intensiv angedacht worden – noch vor wenigen Jah­ren, erinnern wir uns zurück, vor vier Jahren –, einen Maulkorb für alle Kritiker zu verhängen: Wenn nötig, zerren wir sie einfach vor Gericht.

Das war dann auch nicht ganz so ideal, und dann gab es neue so genannte Wege, neue Lösungsansätze. Nur zwei Highlights davon: Bei Bedarf schalten wir den Verwal­tungsgerichtshof aus, und auch der Verfassungsgerichtshof stört.

Ein Zitat aus den „Salzburger Nachrichten“ „Zum Rechtsstaat als Störenfried“: „Die Regierung hat die Tendenz, den Rechtsstaat als lästigen Störenfried abzutun. Der Innenminister kanzelt das Verfassungsgericht ab, das Teile des Zivildienstgesetzes aufhob: ,Was Recht ist, muss nicht unbedingt gut sein.‘ Beim Entwurf zum Asylgesetz ist der Rechtsstaat nur genehm, solange er nicht der Effizienz der Behörde im Wege


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite