Bundesrat Stenographisches Protokoll 717. Sitzung / Seite 201

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gibt für diesen Rundumschlag, der auf der Bundesebene jede repräsentative Demo­kratie abschafft, keinen vernünftigen Grund – außer politischen Interessen.

Ich darf auch da einen kleinen Exkurs in die Geschichte machen: Die Sozialdemokratie hat als Regierungspartei viele Jahre eine engagierte Hochschulpolitik betrieben, und es hat sicherlich die Durchsetzung dieser Hochschulpolitik nicht gerade erleichtert oder einfacher gemacht, dass sie in dieser Phase eine von ÖVP-Studenten geführte Hochschülerschaft – damals hat das Ding „Wahlblock“ geheißen – als Partner hatte, und es hat da schwierige Verhandlungen, schwierige Gespräche, ja auch Konflikte gegeben. Aber in all diesen Jahren ist niemand auf die Idee gekommen, durch eine wahlrechtliche Konstruktion, die an Willkür nicht mehr zu übertreffen ist – lies das Gesetz, lieber Kollege Bieringer!; die wirklichen Feinheiten sind ja hier noch gar nicht zur Debatte gekommen; das ist nackte Wahlrechtswillkür!, ich werde das beweisen –, zu versuchen, diese demokratisch legitimierte Mehrheit von ÖVP-Studenten in irgend­einer formalen Weise auszuhebeln. – Das, Frau Bundesminister, unterscheidet uns fundamental in unserem Demokratieverständnis und in unserer politischen Praxis!

Dieses Recht, das heute gesetzt werden soll, ignoriert in grober Weise die Repräsen­tation der Studenten, indem es die Universitätsstandorte im Wesentlichen unabhängig von ihrer Größe mit Mandaten ausstattet. Wir haben das ja schon gestern einmal ge­habt, wie man das macht. Also 800 Notare und 4,2 Millionen Unfallversicherte sind jeweils zwei Sitze. Dieses Prinzip hat die Frau Minister oder die Frau Brinek oder sie haben es beide gemeinsam mit Interesse studiert, und sie haben gefunden, dass es sich auch da anwenden lässt.

Aber besonders originell finde ich die Regelung mit den so genannten Listen­verbänden. Da können sich – und das muss man sich auf der Zunge zergehen las­sen – wahlwerbende Gruppen zu Listenverbänden zusammenschließen, und erreicht ein Listenverband nebbiche 1 000 Stimmen, dann ist ihm ein Sitz in der Bundes­vertretung garantiert. – Also ich weiß nicht, ob meine Freunde vom „Vaust“ oder die grünen Studenten die administrative Fähigkeit zusammenbringen und ob man den Wählern dann auch noch sagen kann: Dieses Fuzerl musst du wählen!, aber wir werden uns eine breite Vielfalt von Listen, die sich verbinden lassen, überlegen, um auf diese Weise jeweils ein Mandat zu bekommen.

In der Praxis bedeutet das ein Einziges: Der RFS, der an keiner dieser Hochschulen, an keiner dieser Universitäten ein delegiertes Mandat bekommen könnte, wird halt eine Listenverbindung eingehen, damit er einen Vertreter in der zentralen Hochschüler­schaft hat. Kann man nicht gleich in das Gesetz hineinschreiben: Wie immer die Wahlen ausgehen, dem RFS ist ein Mandat garantiert!? Das wäre doch ehrlicher und fairer! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Ein Virilmandat!)

Ja, ein deutschnationales Virilmandat! Man kann dann noch in das Gesetz hinein­schreiben: Der Mandatsträger ist erstens männlich und zweitens durch einen Schmiss unverwechselbar charakterisiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das ist Anlassgesetzgebung der übelsten Sorte! Da wird einfach dafür gesorgt, dass eine irrelevante politische Gruppe ein Mandat bekommt, und das ist für die Mehrheitsbildung wieder relativ relevant. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Es wird Ihnen nicht gelingen, diese Regelung demokratisch zu salben. Sie bemühen sich den ganzen Vormittag darum. Es wird Ihnen nicht gelingen, denn diese Regelung ist zutiefst undemokratisch, sie widerspricht jedem Geist der Verfassung. Ob sie kon­kreten Verfassungsgarantien widerspricht, habe ich nicht zu beurteilen, aber es wird vom Verfassungsgerichtshof zu beurteilen sein.

 


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